Keine Maskenpflicht für Pkw-Fahrer bei beruflichen Fahrgemeinschaften

Der Fahrer eines Pkw muss bei beruflichen Fahrgemeinschaften keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss vom heutigen Tag die entsprechende Regelung der Niedersächsischen Corona-Verordnung gekippt. Soweit sich der Antrag darüber hinaus gegen die Bestimmungen über den Erlass von Ausgangsbeschränkungen richtete, hat ihn der Senat dagegen abgelehnt.

Antragsteller verwies auf Gefährdung der Verkehrssicherheit

Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er hat vorgetragen, regelmäßig zusammen mit Mandanten zu Gerichtsterminen zu fahren. Die aus § 3 Abs. 1 Satz 3 Corona-VO folgende Pflicht, wonach auch der Kraftfahrzeugführer im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen muss, gefährde die Verkehrssicherheit. 

Corona-VO formell rechtmäßig

Dabei ging das Gericht unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens davon aus, dass die Corona-VO und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Uneingeschränkte Rundumsicht erforderlich

Die Verpflichtung für den Führer eines Kraftfahrzeugs, im Rahmen einer beruflichen Fahrgemeinschaft eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, stelle jedoch keine notwendige Maßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dar, weil sie unangemessen sei. Im Rahmen der Abwägung sei nicht nur der als gering zu bewertende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Führers eines Kraftfahrzeugs zu berücksichtigen, sondern insbesondere auch die Gefährdungen für die Verkehrssicherheit, die mit dem Tragen einer Maske einhergingen. Durch § 23 Abs. 4 StVO werde geregelt, dass, wer ein Kraftfahrzeug führt, sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Dies diene der effektiven Verkehrsüberwachung, einer uneingeschränkten Rundumsicht und dadurch der allgemeinen Verkehrssicherheit. Beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung würden jedoch wesentliche Teile des Gesichts verdeckt, insbesondere, wenn zusätzlich eine Brille oder Sonnenbrille getragen werde, die jedoch notwendig sein könne, um eine bestmögliche Sicht des Fahrers zu gewährleisten. Hinzu komme, dass gerade für Brillenträger die Gefahr steige, dass diese während der Fahrt beschlage und hierdurch die Sicht zusätzlich beeinträchtigt werde.

Hoher Grad an Sicherheit auch durch Testung vor Fahrtantritt möglich

Auch wenn die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dem Infektionsschutz diene, seien die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs einer beruflichen Fahrgemeinschaft keine Maske trage, als gering einzuschätzen. Eine berufliche Fahrgemeinschaft bestehe aus einer überschaubaren Anzahl an Personen, die sich untereinander kennen, wodurch auch die Kontaktnachverfolgung möglich bleibe. Zudem könne auch durch eine Pflicht zur Testung vor Fahrtantritt ein hoher Grad an Sicherheit vor Ansteckung gewährleistet werden, ohne die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen. Die Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, die betroffene Regelung ist in Niedersachsen also gegenwärtig nicht zu beachten.

Antrag im Hinblick auf Ausgangsbeschränkungen erfolglos

Soweit sich der Antragsteller darüber hinaus gegen die Regelungen des § 18 Abs. 2 bis 4 Corona-VO, der Regelungen zum Erlass von Ausgangsbeschränkungen durch die örtlich zuständigen Behörden enthält, gewandt hat, hat der Senat eine einstweilige Außervollzugsetzung abgelehnt. Der Antrag sei teilweise bereits unzulässig, da § 18 Abs. 2 und 3 Corona-VO lediglich die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte für den Erlass von Ausgangsbeschränkungen regele und im Übrigen höhere Anforderungen an deren Erlass stelle, als gesetzlich vorgesehen seien. Hierdurch könne der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt werden.

Einstweilige Außervollzugsetzung nicht dringend geboten

Soweit § 18 Abs. 4 Corona-VO vorsehe, dass bei einer 7-Tages-Inzidenz von mehr als 150 die örtlich zuständigen Behörden eine Ausgangsbeschränkung erlassen "sollen", sei die einstweilige Außervollzugsetzung nicht dringend geboten. Aufgrund der Regelungen des Infektionsschutzgesetzes hätten die zuständigen Behörden ohnehin effektive Maßnahmen zu treffen, die sich an den Inzidenzen zu orientieren hätten. Somit konkretisiere § 18 Abs. 4 Corona-VO lediglich die gesetzlichen Regelungen, weshalb die mit dieser Regelung einhergehenden Einschränkungen für diese bloß ermessensleitende Vorschrift gering seien. § 18 Abs. 4 Corona-VO erfordere zudem noch einen Umsetzungsakt. Es sei deshalb zumutbar, unmittelbar gegen eine durch die örtlich zuständige Behörde erlassene Ausgangsbeschränkung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Redaktion beck-aktuell, 16. April 2021.