OVG Münster legt EuGH Frage vor: Sind Webmail-Services als Telekommunikationsdienst einzustufen?

Der EuGH soll klären, ob E-Mail-Dienste, die über das offene Internet erbracht werden, ohne den Kunden selbst einen Internetzugang zu vermitteln (sog. Webmail-Dienste), Telekommunikationsdienste sind und damit den entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen unterliegen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 26.02.2018 auf eine Klage des US-amerikanischen Unternehmens Google in einem Musterprozess entschieden. Seit mehreren Jahren befinden sich Google und die für die Aufsicht über den Telekommunikationsmarkt in Deutschland zuständige Bundesnetzagentur in einem Rechtsstreit über diese Frage (Az.: 13 A 17/16).

BNetzA: Gmail ist Telekommunikationsdienst

Die Behörde ist der Ansicht, dass der von Google betriebene E-Mail-Dienst Gmail (früher: Google Mail) ein Telekommunikationsdienst im Sinne des deutschen Telekommunikationsgesetzes ist und Google daher den dort für Anbieter von solchen Diensten geregelten Pflichten unterliegt, zum Beispiel in Bezug auf Anforderungen des Datenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit. Mit Bescheiden aus dem Juli 2012 und dem Dezember 2014 hatte die Bundesnetzagentur Google verpflichtet, Gmail bei ihr als Telekommunikationsdienst anzumelden. Dagegen klagte Google erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Köln und legte anschließend Berufung ein.

Parteien streiten über Definition der Telekommunikationsdienste

Nach der zwischen den Beteiligten im Streit stehenden gesetzlichen Definition im Telekommunikationsgesetz sind Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Google ist der Auffassung, dass diese Bestimmung für Webmail-Dienste wie Gmail nicht einschlägig ist, weil sie sich das Internet als bestehendes Telekommunikationsnetz zu Eigen machen, ohne es selbst zu betreiben, den Nutzern den Zugang hierzu zu vermitteln oder die Datenübertragung auf sonstige Weise zu kontrollieren. Außerdem würden Webmail-Dienste wie Gmail für die Nutzer vielfach kostenlos erbracht.

EU-Richtlinie auf internetbasierte E-Mail-Dienste anwendbar?

Der 13. Senat hat das Berufungsverfahren nun ausgesetzt und den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Da die gesetzliche Definition im Telekommunikationsgesetz auf eine annähernd gleichlautende Bestimmung in der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste zurückgehe, komme es für den Senat bei seiner Entscheidung über die Berufung maßgeblich auf die Vorgaben des europäischen Rechts an. Der EuGH müsse klären, ob auch internetbasierte E-Mail-Dienste, die über das offene Internet bereitgestellt würden und selbst keinen Internetzugang vermittelten, als Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze von der Richtlinie erfasst würden. Ferner müsse die Frage beantwortet werden, wie das Merkmal "gewöhnlich gegen Entgelt erbracht" auszulegen sei.

OVG Münster, Beschluss vom 26.02.2018 - 13 A 17/16

Redaktion beck-aktuell, 27. Februar 2018.