OVG Münster: Ratsfraktion erhält keine Einsicht in Gewerbesteuerakten

Die Fraktion der Grünen im Rat der Gemeinde Kranenburg hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Gewerbesteuerakten. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster mit Urteil vom 06.11.2018 entschieden und damit nicht nur das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (BeckRS 2017, 126652) geändert, sondern auch seine frühere gegenteilige Rechtsprechung aufgegeben (Az.: 15 A 2638/17).

Kein Recht auf Einsicht in Gewerbesteuerakten

Die Ratsfraktion hatte beantragt, Einsicht in die Gewerbesteuerakten der 30 größten Gewerbesteuerzahler der Gemeinde in den Jahren 2012, 2013 und 2014 zu erhalten. Sie wollte sie zur Erarbeitung eines Gewerbeansiedlungskonzepts nutzen. Der Bürgermeister hatte diesen Antrag unter Hinweis auf das Steuergeheimnis abgelehnt. Die Verweigerung der Akteneinsicht hat das OVG nunmehr als rechtmäßig bestätigt.

Steuergeheimnis beschränkt Akteneinsichtsrecht

Zwar stehe Gemeinderatsfraktionen nach der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung grundsätzlich ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zu, damit sie ihre Kontrollbefugnis gegenüber der Verwaltung effektiv wahrnehmen können. Allerdings werde dieses Akteneinsichtsrecht unter anderem durch das Steuergeheimnis beschränkt. Dieses stehe dem geltend gemachten Akteneinsichtsanspruch entgegen. Durch die Akteneinsicht würden der Fraktion geschützte Steuerdaten der Gewerbetreibenden offenbart.

Steuergeheimnis trotz Verschwiegenheitspflicht der Ratsmitglieder betroffen

Die Fraktion könne sich nicht darauf berufen, das Steuergeheimnis werde durch die Akteneinsicht eines Ratsmitglieds nicht berührt, weil der Rat zur Kontrolle der Verwaltung berufen und Ratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Das Steuergeheimnis schütze, von den gesetzlich geregelten Ausnahmen abgesehen, vor einer Weitergabe von Steuerdaten an jede andere Person oder Einrichtung. Insoweit hält das OVG an seiner gegenteiligen Rechtsprechung aus dem Jahr 1997 nicht mehr fest.

Dateneinsicht auch zu Erstellung eines Gewerbeansiedlungskonzepts nicht gerechtfertigt

Vorliegend sei die Weitergabe der Gewerbesteuerdaten nicht durch einen der gesetzlichen Ausnahmetatbestände zugelassen, führt das OVG aus. Insbesondere bestehe kein zwingendes öffentliches Interesse für die Offenbarung geschützter Daten. Das Gewerbeansiedlungskonzept, das die Klägerin mithilfe der aus den Gewerbesteuerakten gewonnenen Informationen erarbeiten wolle, habe dafür kein hinreichendes Gewicht.

Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision möglich

Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

OVG Münster, Urteil vom 06.11.2018 - 15 A 2638/17

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2018.