OVG Lüneburg: Krankgeschriebene Lehrerin durfte nach Reise zum "Dschungelcamp" aus Dienst entfernt werden

Eine Lehrerin, die unter Vorlage einer erschlichenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr als drei Wochen unerlaubt dem Dienst ferngeblieben ist, um ihre Tochter zum Dschungelcamp nach Australien zu begleiten, durfte aus dem Dienst entfernt werden. Die Lehrerin habe ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen und das Vertrauen des Dienstherrn in gravierender Weise verletzt, entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit rechtskräftigem Urteil vom 10.12.2019 (Az.: 3 LD 3/19).

Lehrerin beantragte vergeblich Sonderurlaub für Begleitung der Tochter zum Dschungelcamp

Die klagende Lehrerin, eine Studienrätin, begleitete im Januar 2016 ihre Tochter nach Australien. Die Tochter der Lehrerin nahm dort im Januar 2016 an der Fernsehshow “Ich bin ein Star - Holt mich hier 'raus!" (Dschungelcamp) des Fernsehsenders RTL teil. Die Landesschulbehörde hatte zuvor einen Antrag der Lehrerin, ihr für die Zeit vom 11. bis zum 27.01.2016 Sonderurlaub zu gewähren, um ihre Tochter nach Australien begleiten zu können, abgelehnt.

Australienreise nach Vorlage unrichtiger AU trotzdem angetreten

Daraufhin reichte die Lehrerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für die Zeit vom 07. bis zum 29.01.2016 ein. Nachdem der Landesschulbehörde eine im Fernsehsender RTL ausgestrahlte gemeinsame Videobotschaft der Lehrerin und ihrer Tochter aus Australien bekannt geworden war, leitete sie ein Disziplinarverfahren gegen die Lehrerin ein. Im Januar 2017 enthob die Landesschulbehörde die Lehrerin vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge an. Dagegen ersuchte die Lehrerin letztlich erfolglos um Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes.

Klägerin wurde strafrechtlich verurteilt und aus dem Dienst entfernt

Parallel zu dem Disziplinarverfahren wurde gegen die Lehrerin ein Strafverfahren geführt. Das Amtsgericht verurteilte die Lehrerin mit Urteil vom 30.03.2017 wegen des Gebrauchs eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses zu einer Geldstrafe. Die Rechtsmittel der Lehrerin blieben allesamt erfolglos. Nach dem rechtskräftigen Abschluss des strafgerichtlichen Verfahrens hat das Verwaltungsgericht über die Disziplinarklage der Landesschulbehörde entschieden und gegen die Lehrerin die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt.

OLG: Schwerwiegendes Dienstvergehen der Klägerin rechtfertigt Dienstentfernung

Das Oberverwaltungsgericht hat jetzt die vorinstanzliche Entscheidung bestätigt und die Berufung der Lehrerin zurückgewiesen. Die Lehrerin habe ein sehr schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, indem sie im Zeitraum vom 07. bis zum 29.01.2016 dem Dienst schuldhaft ferngeblieben sei. Sie sei während dieses Zeitraums nicht wegen einer Krankheit an der Erfüllung ihrer Dienstpflichten gehindert gewesen. Die Lehrerin habe vielmehr gegenüber den die AU ausstellenden Ärzten das Vorliegen eines Krankheitsbildes vorgetäuscht. Das von der Lehrerin begangene schwerwiegende Dienstvergehen rechtfertige den Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Fernbleiben hatte schwerwiegende Folgen für den dienstlichen Bereich

Ein Beamter, der ohne triftigen Grund nicht zum vorgeschriebenen Dienst komme, verletze das Vertrauen seines Dienstherrn in gravierender Weise. Die Lehrerin sei planvoll und berechnend vorgegangen, um eine unrichtige mehrwöchige Krankschreibung zu erlangen und sodann ihre Tochter nach Australien begleiten zu können. Das Dienstvergehen habe schwerwiegende Folgen für den dienstlichen Bereich gehabt, weil die Abwesenheit der Lehrerin im Zeitraum unmittelbar vor der Vergabe der Halbjahreszeugnisse und der damit einhergehenden Zeugniskonferenzen habe kompensiert werden müssen. Zu Lasten der Lehrerin sei insbesondere auch zu werten, dass sie während ihres Fernbleibens vom Dienst in Fernsehübertragungen aus Australien mitgewirkt habe. Zu dieser Mitwirkung habe sie sich gegenüber der Produktionsfirma des Dschungelcamps als Begleitperson ihrer Tochter vertraglich verpflichtet und dafür neben der Übernahme der Reise- und Hotelkosten durch die Produktionsfirma von dieser unter anderem eine pauschale Entschädigungszahlung in vierstelliger Höhe erhalten.

Verhalten bewirkte Störung des Dienstfriedens und Schädigung des öffentlichen Ansehens der Schule

Da die Tätigkeit der Lehrerin in Australien gerade auch darin bestanden habe, an Fernsehinterviews mitzuwirken, liege es nahe, dass nicht nur Kollegen, ihre Schüler und deren Eltern, sondern auch außerhalb der Schule stehende Personen erfahren hätten, dass sie sich zwar außerstande gesehen habe, ihren Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage gewesen sei, eine mit etlichen Flugstunden verbundene Fernreise nach Australien anzutreten und von Australien aus öffentlichkeitswirksam Fernsehinterviews zu geben. Dass ein solches Verhalten objektiv geeignet sei, den Dienstfrieden zu stören und dem öffentlichen Ansehen der Schule, der Lehrerschaft sowie dem gesamten öffentlichen Dienst erheblichen Schaden zuzufügen, liege auf der Hand.

Vertrauen des Dienstherrn in gravierender Weise verletzt

Entlastende Gesichtspunkte, die es rechtfertigten, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme abzusehen, bestünden nicht. Das Vorbringen der Lehrerin im Berufungsverfahren zeige vielmehr deutlich, dass sie auch mehr als drei Jahre nach dem in Rede stehenden Dienstvergehen ihr Verhalten immer noch nicht hinreichend reflektiert habe. Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergebe deshalb, dass sich die Lehrerin im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Dienstpflichten in so hohem Maße als unzuverlässig erwiesen habe, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in sie endgültig verloren sei. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, von der disziplinarischen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.

Redaktion beck-aktuell, 10. Dezember 2019.