OVG Lüneburg: Pflichtmitgliedschaft in Pflegekammer Niedersachsen rechtmäßig

Die Pflichtmitgliedschaft in der Pflegekammer Niedersachsen ist rechtmäßig. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit zwei Urteilen vom 22.08.2019 entschieden. Die Belastung durch die Mitgliedschaft sei verhältnismäßig. Ferner erfasse die Pflichtmitgliedschaft auch eine im Aufnahmemanagement tätige Krankenpflegerin, so das OVG (Az.: 8 LC 116/18, 8 LC 117/18).

Krankenschwestern wehrten sich gegen Pflichtmitgliedschaft

Geklagt hatten eine Krankenschwester und eine Gesundheits- und Krankenpflegerin, die festgestellt wissen wollten, dass sie nicht Mitglied der Pflegekammer Niedersachsen sind. Dabei ging es einerseits um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft nach dem Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege vom 14. Dezember 2016 (PflegeKG) und andererseits um die Frage, ob die Tätigkeit im Aufnahmemanagement einer Klinik eine Berufsausübung im Sinne des Gesetzes ist (Az. 8 LC 117/18). Das Verwaltungsgericht Hannover wies beide Klagen ab (BeckRS 2018, 33527 und BeckRS 2018, 32030).

Gesetzgeber habe weiten Einschätzungsspielraum

Das OVG hat die Berufungen zurückgewiesen. Der Gesetzgeber habe bei der Entscheidung über die Einrichtung der Pflegekammer einen sehr weiten Einschätzungsspielraum. Das Gericht prüfe nur, ob die Grenzen der Gesetzgebungsbefugnis eingehalten worden seien. Das Land Niedersachsen habe mit dem Erlass des Pflegekammergesetzes seine Gesetzgebungskompetenz nicht überschritten. Dem Erlass stünden auch nicht bundesrechtliche Bestimmungen wie die Regelungen zur Qualitätssicherung in der Sozialversicherung entgegen.

Vorgaben des BVerfG erfüllt

Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Einführung einer Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer sei Rechnung getragen worden, so das OVG weiter. Der Gesetzgeber habe zu der Einschätzung kommen dürfen, dass die Förderung und Vertretung der Berufsinteressen und die berufliche Aufsicht durch die Pflegekammer in Selbstverwaltung einem legitimen öffentlichen Interesse diene. Die Pflichtmitgliedschaft wahre den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzgeber habe annehmen dürfen, dass die verfolgten Zwecke auch bei Berücksichtigung der Grenzen des Gestaltungsspielraums der Pflegekammer erreicht werden könnten. 

Belastung durch Mitgliedschaft zumutbar

Die Förderung des Pflegeberufs könne durch private oder freiwillige Zusammenschlüsse nicht gleich wirksam verwirklicht werden. Die Belastung durch die Mitgliedschaft sei nicht so schwerwiegend, dass der Gesetzgeber sie nicht anordnen dürfe. Das gelte auch für die Beitragspflicht an sich, wobei die Angemessenheit der Höhe des von der Pflegekammer festgesetzten Beitrags für die Frage, ob die Pflichtmitgliedschaft als solche rechtmäßig sei, keine Bedeutung habe. 

Pflichtmitgliedschaft auch für Aufnahmemanagerin

Die Tätigkeit im Aufnahmemanagement einer Klinik ist laut OVG als Berufsausübung im Sinne des Pflegekammergesetzes anzusehen, weil die Klägerin bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihr nach der Stellenbeschreibung zugewiesen werden könnten, Kenntnisse aus der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin einsetzen könne. 

OVG Lüneburg, Urteil vom 22.08.2019 - 8 LC 116/18

Redaktion beck-aktuell, 23. August 2019.