Cha­rak­ter­schwä­che: Ab­bruch des Be­wer­bungs­ver­fah­rens auch nach Aus­wahl

Er­weist sich erst nach der Be­wer­ber-Aus­wahl, dass der fa­vo­ri­sier­te Kan­di­dat die Be­hör­de ge­täuscht hat, kann der Dienst­herr die Stel­le er­neut aus­schrei­ben. Das OVG Ber­lin-Bran­den­burg hat einen An­spruch auf Be­set­zung des Pos­tens mit dem man­gel­haf­ten Be­wer­ber ab­ge­lehnt.

Ein Re­gie­rungs­in­spek­tor der Ber­li­ner Se­nats­ver­wal­tung mit A 9 be­warb sich auf eine A 11-Stel­le. Wäh­rend des Aus­wahl­ver­fah­rens ver­schwieg er seine vor­he­ri­ge Ab­ord­nung in die aus­schrei­ben­de Be­hör­de. Weil es dort für ihn of­fen­bar eher un­glück­lich ver­lau­fen war, schrieb er in sei­ner Be­wer­bung, er habe in der frag­li­chen Zeit "in einer an­de­ren Se­nats­ver­wal­tung hos­pi­tiert", und the­ma­ti­sier­te die Ab­ord­nung auch im wei­te­ren Ver­fah­ren nicht. Nach sei­ner Aus­wahl flog er auf. Die Ver­wal­tung brach dar­auf­hin das Ver­fah­ren ab, weil sie sich von dem Kan­di­da­ten ge­täuscht fühl­te. Einen An­spruch auf Fort­füh­rung ver­nein­ten im Eil­ver­fah­ren so­wohl das VG als auch das OVG Ber­lin-Bran­den­burg.

Laut dem OVG Ber­lin-Bran­den­burg (Be­schluss vom 20.03.2025 – OVG 4 S 5/25) kann der Dienst­herr das Aus­wahl­ver­fah­ren selbst nach der Aus­wahl­ent­schei­dung noch ab­bre­chen, wenn ein sach­li­cher Grund nach Art. 33 Abs. 2 GG vor­liegt. Eine man­geln­de cha­rak­ter­li­che Eig­nung des Kan­di­da­ten sei ein solch sach­li­cher Grund. Der Re­gie­rungs­in­spek­tor habe zwar grund­sätz­lich einen ver­fas­sungs­mä­ßi­gen An­spruch auf ein kor­rek­tes Be­wer­bungs­ver­fah­ren. Die Be­hör­de kann das Ver­fah­ren den Ober­rich­tern zu­fol­ge aber ab­bre­chen, wenn sie die Stel­le zwar noch ver­ge­ben will, hier­für aber eine neue Aus­wahl­run­de für er­for­der­lich hält, weil sie "den Aus­gang des ers­ten Aus­wahl­ver­fah­rens als un­be­frie­di­gend emp­fin­det".

"Un­auf­rich­tig und ir­re­füh­rend"

Wegen der Ir­re­füh­rung durf­te der Dienst­herr den Kan­di­da­ten laut dem Ge­richts­be­schluss als un­auf­rich­tig an­se­hen. Er dürfe dar­aus schlie­ßen, dass der Be­wer­ber den be­am­ten­recht­li­chen Grund­pflich­ten nach den §§ 30 ff. Be­amtStG – ins­be­son­de­re der Auf­rich­tig­keit, Fä­hig­keit zur Zu­sam­men­ar­beit und Dienst­auf­fas­sung – nicht ge­nü­ge. Schlie­ß­lich habe der Re­gie­rungs­in­spek­tor ganz genau ge­wusst, dass die frü­he­re Ab­ord­nung, die eben ge­ra­de nicht zu einer Ver­set­zung ge­führt hatte, eine ge­wich­ti­ge Rolle bei der Ent­schei­dungs­fin­dung spie­len würde, zumal auch eine in­halt­li­che Nähe zu der zu be­set­zen­den Stel­le be­stand.

Die Ber­li­ner Rich­ter und Rich­te­rin­nen ver­war­fen zudem das Ar­gu­ment des Re­gie­rungs­in­spek­tors, dass er be­reits aus­ge­wählt wor­den war. Diese Rechts­po­si­ti­on be­grün­de kei­nen An­spruch auf die be­gehr­te Um­set­zung. Das OVG mach­te viel­mehr deut­lich, dass der Be­am­te mit der Aus­wahl keine An­wart­schaft er­wor­ben habe, die er selbst in ein Voll­recht er­star­ken las­sen könne. Zeige sich die cha­rak­ter­li­che Schwä­che erst nach der Aus­wahl, könne der Dienst­herr seine Ent­schei­dung auch re­vi­die­ren.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2025 - 4 S 5/25

Redaktion beck-aktuell, rw, 2. April 2025.

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