Doppelrolle als Notar macht Anwaltsvertrag nichtig

Wer erst als Notar einen umstrittenen Adoptionsantrag beurkundet und dann als Rechtsanwalt den Vater weiter gegen seine leibliche Tochter vertritt, riskiert sein Rechtsanwaltshonorar. Streitigkeiten aus einem einheitlichen Lebensverhältnis sind laut OLG Schleswig "dieselbe Sache" und machen den Anwaltsvertrag nichtig.

Ein Anwaltsnotar führte als Anwalt außergerichtliche Verhandlungen mit der leiblichen Tochter seines Mandanten, um sie dazu zu bewegen, ohne eine Kompensation auf ihren Pflichtteil zu verzichten. Als er scheiterte, beurkundete er 2021 als Notar den Adoptionsantrag des erwachsenen Stiefsohns seines Mandanten. Die Tochter verlangte anschließend von ihrem Vater, die ihr entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten im Adoptionsverfahren in Höhe von rund 47.000 Euro zu erstatten. In diesem Streit beauftragte der Vater wiederum den Anwaltsnotar als Anwalt.

Er gewann den Prozess und die Kosten wurden seiner Tochter auferlegt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss zur Erstattung des Rechtsanwaltshonorars wurde auf die sofortige Beschwerde der Tochter jedoch vom OLG Schleswig (Beschluss vom 11.04.2025 – 7 W 4/25) aufgehoben.

Rechtsanwalt darf nicht in derselben Sache als Notar und Anwalt auftreten

§ 45 Abs. 1 Nr. 1c BRAO verbietet es einem Anwalt, in einer Sache tätig zu werden, in der er bereits als Notar aufgetreten ist. Tut er es trotzdem, ist der Anwaltsvertrag dem OLG zufolge nach § 134 BGB nichtig. Er habe also – trotz seiner erfolgreichen Tätigkeit – keinen Anspruch auf sein Honorar. Er könne sich auch nicht auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder das Bereicherungsrecht berufen.

Das OLG machte deutlich, dass der Anwaltsnotar auch "in derselben Rechtssache" im Sinne des § 45 BRAO handelte, obwohl es in der einen um die Adoption und in der anderem um Gebühren ging: Der Begriff sei nicht mit "Streitgegenstand" zu übersetzen, sondern wie in § 356 StGB und § 3 BORA weit zu verstehen. Er umfasse jede rechtliche Angelegenheit, die "bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist". Da es in beiden Verfahren um Ansprüche der Tochter gegen ihren Vater aus dem gesetzlichen Pflichtteilschuldverhältnis ging, sei dieselbe Rechtssache zu bejahen.

Das Gericht begründete seine Auffassung mit dem Schutzzweck des § 45 BRAO: Diese Norm solle die Interessen des Mandanten schützen. Hier könne der Anwalt im Gebührenstreitverfahren gezwungen sein, sich mit der vorher als Notar verfassten Adoptionsurkunde auseinanderzusetzen und sie gegebenenfalls zu ergänzen. Der Anwaltsnotar befände sich daher zumindest in Gefahr eines möglichen Interessengegensatzes. Das Tätigkeitsverbot ist laut OLG Schleswig dafür geschaffen worden, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege zu stärken.

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.04.2025 - 7 W 4/25

Redaktion beck-aktuell, rw, 11. August 2025.

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