Gurte gerissen: Halterhaftung bei Unfall auf Sylt-Shuttle

Auf einem Autozug wird ein Wagen in ein anderes Fahrzeug geschoben, weil die Spanngurte rissen. Das OLG Schleswig entschied, die Kfz-Haftpflichtversicherung müsse für den Schaden aufkommen. Es hat damit der bunten "bei Betrieb eines Kfz"-Rechtsprechung eine weitere Facette hinzugefügt.

Ein Firmenwagen wurde auf den Autozug nach Westerland (Sylt) verladen. Hinter ihm stand ein Sprinter. Beide Fahrzeuge waren mit Spanngurten gesichert. Der französische Fahrer des Sprinters vergaß aber, einen Gang einzulegen und die Handbremse anzuziehen (was er später bestritt). Während der Bahnfahrt rissen die Gurte und der Sprinter rollte zweimal beim Anfahren und Abstoppen auf den Firmenwagen (einen Mercedes) auf, bis der Franzose bei einem Zwischenhalt die Bremse anzog. An dem Mercedes entstand ein Sachschaden von 20.000 Euro. Diesen machte seine Inhaberin, eine GmbH, vor Gericht gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend – und gewann. Auf Anraten des OLG Schleswig nahm die Assekuranz ihre Berufung zurück.

Das OLG Schleswig bejahte eine Haftung "bei Betrieb" des Fahrzeugs nach § 7 StVG (Haftung des Halters) gegenüber der Versicherung aufgrund des Direktanspruchs nach § 115 VVG (Beschluss vom 31.07.2024 – 7 U 48/24). Das Merkmal "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" sei entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Die Haftung aus Betriebsgefahr verwirkliche sich auch dann, wenn – wie hier – einzig die von außen wirkende Kraft des Windes den Schaden im ruhenden Verkehr bewirkt habe.

Die Beeinflussung von Kraftfahrzeugen (insbesondere mit höheren Aufbauten) durch Wind stelle grundsätzlich auch eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs dar, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung miterfasst werde. § 7 Abs. 1 StVG beschränke die Einstandspflicht nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass der in Rede stehende Schaden allein durch ein Fahrzeug verursacht werden können müsste.

OLG Schleswig, Beschluss vom 31.07.2024 - 7 U 48/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 23. August 2024.