OLG Hamm: Kein Ersatz für Verluste im Forex-Handel

Wer mittels gemieteter Software im Internet automatisiert mit Finanzprodukten handelt (Forex-Handel), betreibt einen Eigenhandel, wenn er über die grundlegenden Einstellungen für den Einsatz der Software selbst entscheidet. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 30.05.2018 klargestellt und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Paderborn bestätigt. Der Vermieter der Software haftet nach der Entscheidung nicht für entstandene Verluste, wenn er gegenüber dem – durch den Vertrag über das grundsätzlich bestehende Verlustrisiko unterrichteten – Mieter keine weiteren Zusicherungen abgegeben hat (Az.: 12 U 95/16, BeckRS 2018, 12030).

Software-Miete gegen Gewinnanteil

Der Kläger aus Bonn nimmt den beklagten Kaufmann aus Delbrück auf Schadensersatz für Verluste in Anspruch, die der Kläger beim Forex-Handel erlitten hat. Vereinbarungsgemäß stellte der Beklagte dem Kläger im September 2013 eine von ihm entwickelte Software (Expert Advisor) für den automatischen Handel mit Währungen im Devisenmarkt (Forex-Handel) zur Verfügung. Der Vertrag der Parteien sieht eine Beteiligung des Beklagten am Gewinn des Klägers vor und weist auf das Risiko eines Kapitalverlustes hin, der bis zum "Totalverlust" gehen könne.

Devisengeschäfte mittels Software des Beklagten

Der Kläger zahlte sodann auf ein von ihm bei einer Bank eröffnetes Konto 224.000 Euro ein. Mit dem Geld wurden in der Folgezeit unter Einschaltung eines Brokers und unter Nutzung der vom Beklagten zur Verfügung gestellten Software Devisengeschäfte vorgenommen. Dazu öffnete und schloss die Software unter Berücksichtigung – so die weitere Feststellung im Prozess – vom Kläger vorgegebener Einstellungen verschiedene Positionen. Geschlossene Positionen realisierten in der Regel einen Gewinn. Bei offenen Positionen (sogenannte Floating-Positionen) war noch nicht geklärt, ob sie sich positiv oder negativ entwickeln würden.

Verlust von circa 160.000 Euro

Das Vertragsverhältnis der Parteien endete Ende des Jahres 2014. Zu dieser Zeit waren auf dem Konto des Klägers noch 11.000 Euro verblieben. Aus geschlossenen Positionen hatte der Kläger nach Abzug des Vertragsanteils des Beklagten einen Gewinn von circa 53.000 Euro erzielt. Die bei Vertragsende offenen Positionen ergaben nach der Darstellung des Klägers in der Endabrechnung einen Verlust in Höhe von circa 160.000 Euro. Den Ausgleich dieses Verlustes verlangt der Kläger vom Beklagten im Wege des Schadensersatzes.

OLG: Eigengeschäfte des Klägers

Das Schadensersatzbegehren ist vor dem OLG erfolglos geblieben. Aus dem Vertragsverhältnis der Parteien stünden dem Kläger keine Schadensersatzansprüche zu, befand das Gericht. Nach dem über die Vermietung der Software abgeschlossenen, schriftlichen Vertrag habe dem Beklagten nur die Installation, Überwachung und Aktualisierung der Software oblegen. Die Software habe dann aufgrund ihrer Programmierung und vorgegebener Grundeinstellungen eigenständig Käufe und Verkäufe vorgenommen. Das seien Eigengeschäfte des Klägers. Vertragspflichten habe der Beklagte insoweit nicht verletzt.

Kein Verstoß gegen Vorschriften des Kreditwesengesetzes

Dieser Vertrag sei wirksam. Der Beklagte habe nicht – unter Verstoß gegen die Vorschriften des Kreditwesengesetzes – ohne Erlaubnis gewerbsmäßig Kreditgeschäfte getätigt. Den insoweit vom Kläger gerügten Gesetzesverstoß, der zudem nicht zur Nichtigkeit des einzelnen Kreditgeschäfts führe, könne der Senat bereits nicht feststellen.

Betrieb einer Finanzportofolioverwaltung nicht hinreichend dargelegt

Auch habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass der Beklagte gewerbsmäßig eine Finanzportofolioverwaltung betrieben habe. Von möglichen Finanzdienstleistungen sei die im vorliegenden Fall anzunehmende reine Vermietung abzugrenzen.

Erteilung falscher Auskünfte nicht ersichtlich

Dass der Beklagte dem Kläger über den schriftlichen Vertragstext hinausgehend Renditen zugesichert oder ihm beim Vertragsschluss falsche Auskünfte zur vermieteten Software oder zum Forex-Handel erteilt habe, habe der Kläger nicht nachweisen können.

Manuelle Eingriffe nicht nachweisbar

Ebenso habe der Kläger nicht im Einzelnen vortragen und nicht nachweisen können, dass der Beklagte ohne seine Zustimmung durch den Eingriff in die Software manuell Devisengeschäfte getätigt oder vom Kläger vorgegebene Grundeinstellungen verändert habe.

Gericht verneint deliktischen Schadensersatzanspruch

Schließlich stehe dem Kläger auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung eines ihm schützenden Gesetzes zu, weil ein Verstoß des Beklagten gegen das Kreditwesengesetz nicht festzustellen sei.

OLG Hamm, Urteil vom 30.05.2018 - 12 U 95/16

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2018.