OLG Hamm bestätigt Verurteilung 89-Jähriger wegen Volksverhetzung

Der Vierte Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Revision einer heute 89 Jahre alten Angeklagten gegen ein Berufungsurteil wegen Volksverhetzung bestätigt. Die Frau hatte den Holocaust geleugnet und das Konzentrationslager Auschwitz als reines Arbeitslager bezeichnet (Beschluss vom 30.05.2018, Az.: 4 RVs 37/18 OLG Hamm, rechtskräftig).

Holocaust und Vernichtungslager geleugnet

Das Landgericht Detmold hatte die Frau zuvor in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ohne Bewährung verurteilt. Laut den Feststellungen des LG hatte die Angeklagte in der Zeit von Juli bis Dezember 2014 eine Internetseite mit von ihr selbst verfassten, zum Teil auch auf dem Postweg versandten Artikeln unterhalten. In diesen hatte sie unter anderem den Holocaust und die Existenz eines in Auschwitz unterhaltenen Vernichtungslagers geleugnet. Als sich die Angeklagte wegen Volksverhetzung im September 2016 vor dem Amtsgericht Detmold zu verantworten hatte, verteilte sie in einer Sitzungspause vor der Urteilsverkündung - das letzte Wort war ihr bereits erteilt worden - mehrere Blattsammlungen unter anderem an Pressevertreter und Zuhörer, in denen sie erneut den Holocaust und ein Vernichtungslager in Auschwitz in Abrede stellte.

OLG bestätigt LG: Tatbestand der Volksverhetzung liegt vor

Aufgrund dieser Taten ist die Angeklagte in erster Instanz wegen Volksverhetzung von den Amtsgerichten Bad Oeynhausen (Urteil vom 11.11.2016) und Detmold (Urteil vom 17.02.2017) jeweils zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Über die Berufungen der Angeklagten gegen diese Urteile hat das Landgericht Detmold am 28.11.2017 - nach der Verbindung der beiden Verfahren - entschieden. Die beschriebenen Taten erfüllten den Tatbestand der Volksverhetzung, befand das Landgericht. Dieser Ansicht hat sich das OLG Hamm im Revisionsverfahren angeschlossen.

Angeklagte konnte sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen

Mit ihren im Internet veröffentlichten und im Sitzungssaal verteilten Schriften habe die Angeklagte einen als Volksverhetzung strafbaren Inhalt verbreitet, so der Senat. Sie habe in den Schriften ihr persönliches Fazit, nach dem Auschwitz ein Arbeitslager und kein Vernichtungslager gewesen sei und es den Holocaust nicht gegeben habe, als zwingende Schlussfolgerung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse dargestellt und ihrer Schlussfolgerung daher den Charakter einer Tatsachenbehauptung gegeben. Da es sich bei dem Massenvernichtungsunrecht, welches unter der Herrschaft des Nationalsozialismus der jüdischen Bevölkerung angetan wurde, um eine geschichtlich erwiesene Tatsache handele, könne deren Inabredestellen nicht dem Schutz der Meinungsfreiheit unterfallen, so das OLG.

Schriften können öffentlichen Frieden stören

Die Schriften, die das Leugnen des Holocausts und der unter der Herrschaft der Nationalsozialisten vorgenommenen Vernichtung von Juden im Konzentrationslager Auschwitz zum Inhalt haben, stellen laut OLG aber nicht nur strafbare Tathandlungen im Sinne des Straftatbestandes der Volksverhetzung dar, sondern sind auch geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. So habe aufgrund des Inhalts der von der Angeklagten verfassten und in die Öffentlichkeit getragenen Schriften die Gefahr bestanden, dass die Botschaft der Angeklagten von Gleichgesinnten weitergetragen werde, das politische Klima aufheize und dadurch Unfrieden in der Bevölkerung stifte.

OLG Hamm, Beschluss vom 30.05.2018 - 4 RVs 37/18

Redaktion beck-aktuell, 12. Juni 2018.