Familiengericht: Mutter soll Mediennutzung der Tochter beschränken
OLG: Konkrete Kindeswohlgefährdung erforderlich
Das OLG hat die erteilten Auflagen aufgehoben. Zur Begründung verweist es zunächst auf die Voraussetzungen gerichtlicher Auflagen nach §§ 1666, 1666a BGB. Staatliche Maßnahmen tangierten immer auch die Grundrechte der Eltern, so dass verfassungsrechtlich hohe Anforderungen an einen Eingriff in die elterliche Personensorge zu stellen seien. Maßnahmen dürften nach § 1666 Abs. 1 BGB nur dann getroffen werden, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird. Es müsse positiv festgestellt werden, dass bei weiterer Entwicklung der vorliegenden Umstände der Eintritt eines Schadensnachteils des Kindes mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist, die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts rechtfertige eine eingreifende Maßnahme nicht. Es sei nicht Aufgabe des Staates, die im Interesse des Kindeswohls objektiv beste Art der Sorgerechtsausübung - soweit eine solche überhaupt festgestellt werden könne - sicherzustellen, so das OLG.
Allgemeine Risiken digitaler Medien nicht ausreichend
Laut OLG greifen die Auflagen hier unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der Kindesmutter ein. Eine konkrete Gefährdung des Kindes durch die Mediennutzung sei nicht festgestellt worden. Allgemeine Risiken der Nutzung smarter Technologien und Medien durch Minderjährige begründeten nicht per se eine hinreichend konkrete Kindeswohlgefährdung. Medien- und Internetkonsum durch Kinder und Jugendliche berge zwar Gefahren, denen Eltern geeignet (durch zeitliche Begrenzung und inhaltliche Kontrolle) begegnen müssten. So könne der Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten über YouTube schädliche Wirkungen haben, gleiches gelte hinsichtlich für die aktuelle Altersgruppe nicht freigegebener Spiele mit verstörenden, schädigenden Inhalten oder die Verwendung von WhatsApp, bei denen die Kinder oder Jugendlichen als Sender und Empfänger gewünschter oder unerwünschter Nachrichten betroffen sein könnten. Äußerst fraglich sei jedoch, ob generell eine Schädlichkeit angenommen werden könne, wenn Kindern die Möglichkeit eröffnet werde, Medien in dieser Weise zu nutzen. Die Schädigungsformen seien vielmehr mit anderen Gefahren etwa durch ausgedehnte Fernsehzeiten oder auch eine ausschließliche Ernährung von Junkfood vergleichbar.
Konkrete Anhaltspunkte für Schädigungsgefahr erforderlich
Daher rechtfertige allein der Besitz eines Smartphones, Tabletts, Computers oder Fernsehers mit oder ohne Internetzugang nicht die Annahme, dass Eltern durch die Eröffnung eines Zugangs ihr Kind schädigen, so das OLG. Dazu müssten im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte hinzutreten, aus denen sich die konkrete Gefahr einer Schädigung ergebe.
Staatliches Eingreifen subsidiär
Das OLG weist darauf hin, dass die Nutzung digitaler Medien zum Schutz von Minderjährigen gegebenenfalls pädagogisch begleitet werden müsse. Dabei ergäben sich jedoch individuelle Spielräume, die - solange keine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliege - innerhalb der jeweiligen Familien eigenverantwortlich festgelegt werden könnten. Es gelte insoweit auch für die Familiengerichte der Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Eingreifens.