OLG Frankfurt am Main: Hessen haftet Mietern nicht wegen unwirksamer "Mietpreisbremse"

Mieter können nicht gegen das Land Hessen im Weg der Amtshaftung vorgehen, weil dieses eine unwirksame Mietpreisbegrenzungsverordnung erlassen hat. Dies bestätigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in zweiter Instanz. Auch Entschädigungsansprüche gegen das Land wegen des enttäuschten Vertrauens in die Gültigkeit der Mietpreisbremse seien ausgeschlossen. Es habe kein Vertrauen in die Verordnung aufgebaut werden können, da deren Wirksamkeit sehr schnell von Gerichten und rechtswissenschaftlicher Literatur angezweifelt worden sei (Urteil vom 13.02.2020, Az.: 1 U 60/19, nicht rechtskräftig).

Verordnung bezog sich auf große Teile Frankfurts

Die Mietpreisbegrenzungsverordnung, die für das Land Hessen im Jahr 2015 erlassen wurde, hatte große Teile der Stadt Frankfurt am Main als angespannten Wohnungsmarkt festgelegt. In einem solchen Gebiet darf ein Vermieter laut Verordnung bei der Nachvermietung nur eine Miete verlangen, die die ortsübliche Miete um höchstens 10% übersteigt. Gestützt auf diese Verordnung hatten Mieter, deren Wohnung in Frankfurt in einem solchen Gebiet liegt, von ihrem Vermieter die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete beziehungsweise deren Herabsetzung verlangt. Die Hessische Mietpreisbegrenzungsverordnung ist, wie der Bundesgerichtshof (NJW 2019, 2844) inzwischen bestätigt hat, jedoch unwirksam, weil die beim Erlass der Verordnung zu veröffentlichende Begründung gefehlt hat. Die Klage der Mieter gegen ihre Vermieter auf Rückzahlung und Herabsetzung der Miete blieb wegen der Unwirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung erfolglos.

Amtshaftung des Landes wegen Unwirksamkeit der Verordnung?

Daraufhin hat die Klägerin, ein Rechtsdienstleistungsunternehmen, aus abgetretenem Recht der betroffenen Mieter wegen der Unwirksamkeit der Verordnung Schadenersatz vom Land Hessen verlangt. Sie wirft dem Land vor, eine unwirksame Mietpreisbewertungsverordnung erlassen zu haben. Dies stelle eine Amtspflichtverletzung mit drittschützender Wirkung dar. Den Mietern sei ein Schaden entstanden, da sie mangels wirksamer Mietpreisbegrenzungsverordnung die überhöhten Mieten nicht hätten zurückfordern können. Diese Amtshaftungsklage hat das Landgericht Frankfurt am Main abgewiesen (BeckRS 2019, 4653).

OLG: Keine drittgerichtete Amtspflicht verletzt

Die hiergegen eingelegte Berufung hat das OLG nun zurückgewiesen. Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Gesetzgebung bestünden im Allgemeinen nicht, unterstreicht das OLG. Ein Anspruch wegen Amtshaftung erfordere die Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht. Bei der Gesetzgebung wie auch beim Erlass von Rechtsverordnungen verfolgten die rechtsetzenden Staatsorgane aber vor allem Allgemeinwohlinteressen. Daher bestehe keine unmittelbare Amtspflicht gegenüber den von einer gesetzlichen Regelung betroffenen Bürgern. Ein Ausnahmefall, dass die Verordnung konkrete Einzelpersonen betrifft, also eine Einzelfallregelung in Gesetzesform darstelle, liege bei der sogenannten Mietpreisbremse nicht vor.

Auch kein Anspruch aus Vertrauensschutz

Das OLG prüfte auch, ob Betroffene wegen enttäuschten Vertrauens entschädigt werden müssen, wenn sie auf die Gültigkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung vertrauen und deshalb eine Wohnung mit der Erwartung angemietet haben, dass sie den überhöhten Teil der Miete zurückfordern können. Ob eine solche Entschädigung grundsätzlich in Frage komme, müsse hier nicht entschieden werden, führte das OLG aus. "Im vorliegenden Fall wurden in der rechtswissenschaftlichen Literatur und in gerichtlichen Verfahren schon früh Zweifel an der Gültigkeit der hessischen Mietpreisbegrenzungsverordnung geäußert, sodass objektiv ein Vertrauen auf die Gültigkeit der Verordnung nicht gerechtfertigt war", stellte das OLG fest.

Revision zum BGH möglich

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.02.2020 - 1 U 60/19

Redaktion beck-aktuell, 13. Februar 2020.