Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten darf als "Zentrum" bezeichnet werden

Die Bezeichnung einer aus zwei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis als "Zentrum" für ästhetische und plastische Chirurgie ist nicht irreführend und unlauter. Dies hat Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Berufungsverfahren abweichend von der Vorinstanz entschieden. Jedenfalls im medizinischen Bereich weise der Begriff "Zentrum" nicht auf eine besondere Größe hin.

LG untersagte Praxis Werbung mit der Bezeichnung "Zentrum" 

Der Antragsteller in dem entschiedenen Fall betreibt eine Praxis für plastische Chirurgie in Darmstadt. Die beiden Antragsgegner sind Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie; einer der beiden Antragsgegner ist zudem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie betreiben eine Gemeinschaftspraxis, die sie als "Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie" bezeichnen. Der Antragsteller hält diese Bezeichnung für irreführend. Das Landgericht untersagte daraufhin im Eilverfahren den Antragsgegnern, Dienstleistungen eines plastischen Chirurgen, insbesondere Penisoperationen, unter diesem Namen zu bewerben oder anzubieten, wenn in dem Zentrum insgesamt lediglich zwei Ärzte beschäftigt sind.

OLG: "Zentrum" weist im medizinischen Bereich nicht auf bestimmte Größe hin

Die hiergegen eingelegte Berufung der beiden Ärzte hatte jetzt vor dem OLG Erfolg. Die Bezeichnung der von den Antragsgegnern betriebenen Arztpraxis als "Zentrum" für ästhetischen und plastische Chirurgie sei für den Verkehr nicht irreführend, so das OLG. Maßgeblich sei, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung verstehe. Grundsätzlich erwarte der Verkehr zwar bei dem Begriff "Zentrum" eine personelle und sachliche Struktur eines Unternehmens, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgehe. Jedenfalls im medizinischen Bereich weise der Begriff "Zentrum" aber nicht (mehr) auf eine besondere Größe hin.

Keine Mindestgröße für Medizinische Versorgungszentren 

Nach den aktuellen gesetzlichen Voraussetzungen erfordere ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) keine bestimmte Größe (§ 95 Abs. 1 S. 1 SGB V). Das früher bestehende Erfordernis einer fachübergreifenden Kooperation sei 2015 entfallen. Praxen mit zwei tätigen Ärzten hätten demnach die Möglichkeit, unter der Bezeichnung "Medizinisches Versorgungszentrum" auf dem Markt aufzutreten. Der Verkehr sei mit der gerichtsbekannten Häufigkeit des Auftretens von MVZs auf dem Markt an diese Begrifflichkeit gewöhnt. "Das häufige Auftreten der (Versorgungs-)Zentren auf dem Markt der Versorgung mit medizinischen Dienstleistungen wirkt einem Verständnis entgegen, dass von einer überdurchschnittlichen Größe der Praxis ausgeht", betonte der Senat. 

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.05.2023 - 6 U 4/23

Redaktion beck-aktuell, 31. Mai 2023.