OLG Brandenburg: Mehrwertsteuererstattung bei Reparaturkosten gegenüber Leasingnehmer mit Reparaturverpflichtung

BGB § 249 II 1

Ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Kfz-Leasingnehmer, der gegenüber dem Leasinggeber vertraglich verpflichtet ist, Reparaturen auf eigene Kosten und im eigenen Namen durchführen zu lassen, kann Reparaturkosten einschließlich anfallender Umsatzsteuer vom Schädiger ersetzt verlangen. Dies hat das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden.

OLG Brandenburg, Urteil vom 22.08.2019 - 12 U 11/19 (LG Potsdam), BeckRS 2019, 20974

Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München

Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 19/2019 vom 26.09.2019

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Sachverhalt

Der Kläger ist nicht zum Vorsteuerabzug von der Umsatzsteuer berechtigt. Er fährt ein Leasingfahrzeug, das bei einem von der Beklagten zu vertretenden Unfall beschädigt wurde. In den Leasingbedingungen ist vereinbart, dass der Kläger verpflichtet ist, das Fahrzeug im Fall eines Schadens «in eigenem Namen und auf eigene Rechnung» reparieren zu lassen. Dies hat der Kläger getan.

Die Beklagte hat auch alles bezahlt, außer der Mehrwertsteuer auf die Reparaturkosten und auf die Anwaltsvergütung. Sie verweist darauf, dass nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB die Mehrwertsteuer nur gegenüber dem Eigentümer zu erstatten sei. Und Eigentümer sei die Leasingbank. Diese sei zum Vorsteuerabzug berechtigt, was in diesem Verfahren hier unstreitig ist. Der Kläger könne daher keinen Ersatz der Umsatzsteuer von der Beklagten verlangen.

Das Landgericht folgte dieser Argumentation der Beklagten. Der Kläger legte Berufung ein. In der Berufungsinstanz wird ausschließlich über die Frage gestritten, ob die Umsatzsteuer auch dann zu erstatten ist, wenn der Kläger nicht Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs ist.

Rechtliche Wertung

Der Senat kommt in dem hier vorliegenden Urteil zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zwar grundsätzlich nur dem Eigentümer einer beschädigten Sache zusteht, dass es allerdings dann eine andere Betrachtungsweise geben müsse, wenn der Leasingnehmer verpflichtet sei, im eigenen Namen die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs durchführen zu lassen. Der Senat stellt weiter fest, dass es divergierende Ansichten gibt, insbesondere wird eine Entscheidung des OLG Stuttgart erwähnt.

Die übrigen Oberlandesgerichte würden, soweit ersichtlich, der Meinung des OLG Brandenburg zustimmen. Das gelte jedenfalls dann, wenn wie hier die Verpflichtung beim Leasingnehmer bestehe, die Reparatur in eigenem Namen durchführen zu lassen. Würde man anders entscheiden, so hätte man selbst bei 100%igem Schadenersatz immer das Ergebnis, dass der zum Vorsteuerabzug nicht berechtigte Anspruchsteller die Umsatzsteuer nicht erstattet bekommt und damit der Schädiger unbillig entlastet wird. Gerade das aber sei durch die Fassung des § 249 Abs. 2 BGB nicht gewollt gewesen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist für die Praxis sehr wesentlich. In dem hier vorliegenden Fall, der sich bei der Gestaltung der Leasingverträge allerdings nicht als grobe Ausnahme darstellt, sondern uns eher als die Regel erscheint, hat der BGH noch nicht entschieden. Er wird dazu vielleicht Gelegenheit haben, denn der Haftpflichtsenat des OLG Brandenburg hat die Revision zugelassen. Im Zeitpunkt der Erstellung dieser Besprechung wissen wir nicht, ob das Urteil rechtskräftig wird oder ob Revision eingelegt wird. Gleichgültig: Sehr wesentlich ist die Entscheidung allemal.

Redaktion beck-aktuell, 8. Oktober 2019.