Nach der Wahl in Thüringen: So wird der Ministerpräsident gewählt

In der Verfassung Thüringens ist keine zeitliche Frist für die Wahl des Ministerpräsidenten festgelegt – anders als in einigen anderen Bundesländern. Stattdessen beschränkt die Verfassung des Freistaats die Wahl des Ministerpräsidenten zur Regierungsbildung auf drei Wahlgänge.

Absolute Mehrheit im ersten und zweiten Wahlgang erforderlich

So definiert Artikel 70 der Landesverfassung, dass im ersten und zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Landtags erreicht werden muss. Danach ist gewählt, "wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält" – unabhängig von deren Zahl. Den Landtag aufzulösen, wenn kein Kandidat in einem der ersten beiden Wahlgänge die absolute Mehrheit erreicht, wird nicht als Option aufgeführt.

Minderheiten-Ministerpräsident im dritten Gang

"Das Ziel einer Regierungsbildung rechtfertigt das Absenken des Legitimationsniveaus. Ein im dritten Gang gewählter Ministerpräsident ist in der Regel ein Minderheiten-Ministerpräsident", heißt es in einem Gutachten, das der Staatsrechtler Martin Morlok im Auftrag des Thüringer Justizministeriums im Jahr 2014 erstellt hat.

Übergang mit geschäftsführender Landesregierung

Die Verfassung legt auch fest, dass die vorherige Landesregierung bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten die Amtsgeschäfte fortführt. Jedoch soll eben der Wahlmodus verhindern, dass eine geschäftsführende Landesregierung lange im Amt bleibt. "Die Fortführung einer Landesregierung ohne parlamentarische Legitimation, gar auf unabsehbare Zeit, ist mit dem Demokratieprinzip (...) unvereinbar", führt das Gutachten mit Hinweis auf die Artikel 44 und 45 der thüringischen Verfassung aus. "Das Meiststimmenverfahren (...) sichert demgegenüber die Relevanz der Landtagswahl und sorgt für die Neubildung einer legitimierten Landesregierung."

Keine staatsrechtlichen Bedenken bei durch Minderheit getragener Regierung

Ob diese anschließend Gesetze durchbringen kann, ist aus staatsrechtlicher Sicht nicht entscheidend: "Ein geringeres Maß an Legitimation führt nur dazu, dass die durch die Minderheit getragene Regierung hinsichtlich ihrer verfolgten Vorhaben in jedem Einzelfall bei der Mehrheitsfindung größeren Aufwand betreiben muss."

Redaktion beck-aktuell, 28. Oktober 2019 (dpa).