Menschenrechtler: Grenzabriegelung in Griechenland völkerrechtswidrig

Mit Unterstützung für die griechische Abschottungspolitik an der Grenze zur Türkei macht sich die EU nach Ansicht des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) mitschuldig an einem Völkerrechtsbruch. Die Organisation kommt in einem am 03.03.2020 veröffentlichten Papier zu dem Schluss, dass "eine komplette Abriegelung der Grenzübergänge, wie sie Griechenland derzeit vollzieht", unter anderem nicht mit dem Grundsatz der Nichtzurückweisung vereinbar sei. Griechenland müsse zumindest denen, die um Asyl nachsuchen wollten, die Asylantragstellung ermöglichen.

Mitverantwortung der EU für mögliche Menschenrechtsverletzungen

"Toleriert die EU die rigorose Abschottung und die Anwendung von Gewalt an der griechisch-türkischen Grenze und sollte sie Griechenland dabei sogar durch die Bereitstellung von Grenzschutzbeamten im Rahmen von Frontex und Technik unterstützen, macht sie sich mitverantwortlich für den Völkerrechtsbruch und mögliche Menschenrechtsverletzungen", bilanzierte das Institut.

Effektiver Zugang zu individuellem Asylverfahren an regulären Grenzübergängen zu gewährleisten

Es wies in seinem Papier auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Februar 2020 hin, wonach Spanien in seiner Exklave Melilla zwei Migranten bei ihrem Grenzübertritt umgehend nach Marokko zurückweisen durfte. Allerdings argumentierte das Institut, dass die Entscheidung auf die Annahme gestützt worden sei, dass sich die Betroffenen selbst in eine rechtswidrige Position gebracht hätten, indem sie nicht die regulären Grenzübergänge genutzt hätten, um dort um Asyl nachzusuchen. Für die griechische Seite bedeute das, dass ein effektiver Zugang zu einem individuellen Asylverfahren an den regulären Grenzübergängen gewährleistet werden müsse, schreiben die Menschenrechtler. Die Grenzübergänge komplett abzuriegeln, wie Griechenland es tue, sei nicht vereinbar mit dem Grundsatz der Nichtzurückweisung.

Rund 24.000 Grenzüberschreitungen verhindert

Die griechische Regierung hat seit Tagen die östliche Grenze des Landes zur Türkei mit Polizei und Militär gesichert, um Grenzüberschreitungen von Migranten aus der Türkei zu verhindern. Athen ergriff die Maßnahmen als Reaktion auf die Ankündigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, für Flüchtlinge die Grenzen zur EU zu öffnen. In der Folge fanden sich Tausende Migranten an der Grenze ein. Immer wieder versuchen sie, den griechisch-türkischen Grenzfluss Evros zu überqueren – laut griechischer Regierung wurden in den vergangenen Tagen rund 24.000 Grenzüberschreitungen verhindert.

Unterstützung durch europäische Grenzschutzagentur Frontex zugesagt

Bei einem Besuch auf der griechischen Seite der Grenze am 03.03.2020 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Griechen Unterstützung durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex zugesagt – unter anderem durch die Entsendung von Patrouillenbooten, Hubschraubern und weiteren Einsatzkräften.

Redaktion beck-aktuell, 4. März 2020 (dpa).