Kein Anspruch auf plattdeutsche Jobcenter-Bescheide

Jobcenter müssen Bescheide nicht in plattdeutscher Sprache erteilen. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschieden und die Berufung eines Beziehers von SGB-II-Leistungen zurückgewiesen. Es bestätigte zudem die von der Vorinstanz verhängten Verschuldenskosten von 500 Euro, weil es sich um eine für jedermann erkennbar völlig substanzlose Klage gehandelt habe.

LSG: Kein Anspruch auf plattdeutsche Bescheide

Der Kläger bezog 2017 Arbeitslosengeld II. Auf seinen Wunsch hin wies ihm das beklagte Jobcenter eine Arbeitsgelegenheit in einem Bauernmuseum zu. Er beschritt den Rechtsweg und begehrte die Erteilung eines Bescheides in plattdeutscher Sprache. Das SG Detmold wies seine Klage durch Gerichtsbescheid ab und auch die Berufung vor dem LSG blieb erfolglos. Er habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides in platt- bzw. niederdeutscher Sprache oder Erhalt einer Übersetzung in die platt- bzw. niederdeutsche Sprache, so die LSG-Richter. Nach § 19 Abs. 1 SGB X sei die Amtssprache deutsch. Zwar umfasse die deutsche Sprache neben der hochdeutschen Sprache auch alle Mundarten und Dialekte, soweit diese von den Beteiligten verstanden werden. Im schriftlichen Verfahren zulässig sei jedoch allein Hochdeutsch.

Verschiedene Sprachvarianten würden Verwaltungsverfahren erschweren

Dies entspricht laut Gericht dem Gebot des § 9 Abs. 2 SGB X, wonach ein Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Dieses Gebot werde beeinträchtigt, so das LSG, wenn ein unübersichtliches Nebeneinander verschiedener Sprachvarianten mit unterschiedlichen Schreibweisen entstünde, die allenfalls räumlich begrenzt von einem Teil der Bevölkerung verstanden werden. Dies gelte auch für das Niederdeutsche und Plattdeutsche, da jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert keine gemeinsame niederdeutsche Schriftsprache mehr existiere.

Kein Anspruch aus Status als geschützte Regionalsprache

Auch aus dem Status als geschützte Regionalsprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 05.12.1992 könne der Kläger, der des Hochdeutschen nachgewiesenermaßen mächtig sei, keinen Anspruch ableiten. Weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Nordrhein-Westfalen hätten Vorschriften zur Verwendung der niederdeutschen (plattdeutschen) Sprache in der Verwaltung erlassen oder erlassen müssen. Auch eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner ethnischen Herkunft sei fernliegend, so das LSG. Denn Sprecher des Nieder- bzw. Plattdeutschen stellten keine eigenständige Ethnie dar. Schließlich habe das SG ermessenfehlerfrei für die vorliegende, völlig substanzlose Klage Verschuldenskosten festgesetzt, entschied das LSG abschließend.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.09.2022 - L 7 AS 1360/21

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 31. Mai 2023.