Das LG Gera hat das Hauptverfahren gegen den Verwaltungsrichter Bengt Fuchs wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung nicht eröffnet. Die Richterinnen und Richter sind zwar überzeugt: Durch die angeklagte Ausdrucksweise wird die Volksgruppe der Sinti und Roma verächtlich gemacht. Es fehle jedoch an dem für die Strafbarkeit nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB erforderlichen Angriff auf die Menschenwürde des betroffenen Bevölkerungsteils (Beschluss vom 17.07.2025 – 3 KLs 122 Js 25023/24).
Fuchs war angeklagt worden, weil er im Jahr 2019 auf Facebook in einer Gruppe mit mehr als 3.000 Mitgliedern in einem Kommentar zur Bezeichnung von Sinti und Roma die Formulierung "Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche?" vorgeschlagen haben soll. Der Kommentar bezog sich auf einen Artikel, der sinngemäß davon gehandelt haben soll, dass bayerische Polizisten angehalten worden seien, sofern die Herkunft Betroffener relevant sei, auf Begriffe wie "Sinti", "Roma" oder abwertende Ersatzbezeichnungen zu verzichten und stattdessen die Staatsbürgerschaft der betroffenen Personen zu benennen.
LG Gera: Äußerung trifft nicht den Kern der Persönlichkeit
Für einen strafbaren Angriff auf die Menschenwürde genüge nicht jede Beeinträchtigung der Ehre oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines anderen, erklärten die Richterinnen und Richter des LG Gera. Erforderlich sei, dass die feindselige Äußerung den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit treffe, indem er unter Missachtung des Gleichheitssatzes als minderwertig dargestellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten werde, er gewissermaßen in den Objektstatus versetzt werde.
Zwar werde die Volksgruppe der Sinti und Roma durch Fuchs` Äußerung dem Sinngehalt nach als reisende Diebesbande verunglimpft. Jedoch würden ihre Angehörigen hierdurch nicht als unterwertige Wesen charakterisiert. Die Äußerung verletze in diskriminierender Weise durch die Zuschreibung diskriminierender Eigenschaften (Straftäter) den sozialen Geltungsanspruch der Betroffenen. Jedoch werde ihnen nicht – was für einen Angriff auf die Menschenwürde erforderlich wäre – ihr Lebensrecht in der Gemeinschaft abgesprochen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen den Nichteröffnungsbeschluss ist – nur – für die Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde zum Thüringer OLG möglich.