Clan-Kri­mi­na­li­tät: LG Ber­lin ord­net Ein­zie­hung zwei­er be­schlag­nahm­ter Grund­stü­cke an

Das Land­ge­richt Ber­lin hat die Ein­zie­hung zwei­er vor­läu­fig be­schlag­nahm­ter Grund­stü­cke in Ber­lin-Neu­kölln an­ge­ord­net, die nach Auf­fas­sung des Ge­richts mit Er­lö­sen aus Straf­ta­ten, die sich aber nicht näher ein­gren­zen lie­ßen, fi­nan­ziert wur­den. Ei­gen­tü­mer die­ser Grund­stü­cke ist ein 26-jäh­ri­ger Ber­li­ner ohne nen­nens­wer­te Ein­künf­te, der der­zeit in Haft sitzt und einem Ber­li­ner Fa­mi­li­en­clan an­ge­hört. Gegen den Be­schluss vom 07.04.2020 wurde so­for­ti­ge Be­schwer­de ein­ge­legt, wie das Ge­richt am 17.04.2020 mit­teil­te (Az.: 541 KLs 1/20).

Ver­dacht: Grund­stücks­er­werb mit ge­wa­sche­nem Geld

Zu­nächst hatte die Staats­an­walt­schaft Ber­lin gegen den Ei­gen­tü­mer (im Fol­gen­den: Ein­zie­hungs­be­tei­lig­ter) und eine Viel­zahl wei­te­rer Be­schul­dig­ter aus sei­nem fa­mi­liä­ren Um­feld meh­re­re Er­mitt­lungs­ver­fah­ren wegen Geld­wä­sche ge­führt. Es be­stand der Ver­dacht, dass der Ein­zie­hungs­be­tei­lig­te und die wei­te­ren Be­schul­dig­ten aus dem Um­feld einer mehr als 150 Per­so­nen um­fas­sen­den Großfa­mi­lie seit 2008 aus Geld­wä­sche stam­men­de Gel­der in Kennt­nis deren il­le­ga­ler Her­kunft und in Um­set­zung eines zuvor ge­fass­ten Tat­pla­nes in über 80 Fäl­len in den Er­werb ver­schie­de­ner in Ber­lin ge­le­ge­ner Im­mo­bi­li­en und/oder Rech­te aus die­sen Im­mo­bi­li­en in­ves­tiert und da­durch die Her­kunft der in­kri­mi­nier­ten Gel­der ver­schlei­ert haben sol­len. Zu die­sen Im­mo­bi­li­en sol­len auch die zwei hier ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Grund­stü­cke ge­hö­ren, die der Ein­zie­hungs­be­tei­lig­te 2012 er­wor­ben hatte.

Grund­stücks­ein­zie­hung trotz Ein­stel­lung des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens

Am 27.06.2018 waren die Grund­stü­cke vom Amts­ge­richt Tier­gar­ten zu­nächst be­schlag­nahmt wor­den. Im De­zem­ber 2019 hat die Staats­an­walt­schaft Ber­lin das ge­nann­te Er­mitt­lungs­ver­fah­ren dann ein­ge­stellt, weil sich nach Ab­schluss der Er­mitt­lun­gen der Staats­an­walt­schaft eine kon­kre­te rechts­wid­ri­ge Vor­tat nicht mit der für eine Ver­ur­tei­lung er­for­der­li­chen Si­cher­heit ein­gren­zen ließ. Dar­auf­hin hat das Land­ge­richt Ber­lin auf An­trag der Staats­an­walt­schaft nun im so­ge­nann­ten selb­stän­di­gen Ein­zie­hungs­ver­fah­ren (selb­stän­dig, da es aus den ge­nann­ten Grün­den nicht zu einem Ver­fah­ren wegen Geld­wä­sche kom­men wird) die Ein­zie­hung der Grund­stü­cke an­ge­ord­net. Gemäß § 76a Abs. 4 StGB soll ein aus einer rechts­wid­ri­gen Tat her­rüh­ren­der Ge­gen­stand, der in einem Ver­fah­ren wegen Geld­wä­sche si­cher­ge­stellt wor­den ist, auch dann selb­stän­dig ein­ge­zo­gen wer­den, wenn der von der Si­cher­stel­lung Be­trof­fe­ne nicht wegen der Straf­tat ver­folgt oder ver­ur­teilt wer­den kann.

LG: Vor­aus­set­zun­gen für Ein­zie­hung lie­gen vor

Nach An­sicht des LG Ber­lin ge­nügt es hier­für, dass der in einem – man­gels hin­rei­chen­den Tat­ver­dachts ein­ge­stell­ten – Er­mitt­lungs­ver­fah­ren wegen einer Ka­ta­log­tat si­cher­ge­stell­te Ge­gen­stand aus ir­gend­ei­ner rechts­wid­ri­gen Tat her­rührt, die nicht län­ger als 30 Jahre zu­rück­liegt. Die Kam­mer ist im vor­lie­gen­den Fall zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, dass diese Vor­aus­set­zun­gen hier ge­ge­ben sind. Dabei hat sie sich vor­lie­gend ins­be­son­de­re auf ein gro­bes Miss­ver­hält­nis zwi­schen dem Wert des Ge­gen­stands und den recht­mä­ßi­gen Ein­künf­ten des Ein­zie­hungs­be­tei­lig­ten ge­stützt. Ba­sie­rend auf Kon­to­aus­zü­gen, Steu­er­be­schei­den, Dar­le­hens­ver­ein­ba­run­gen und an­de­ren Schrift­stü­cken ist die Kam­mer zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass die zum Er­werb der be­nann­ten Im­mo­bi­li­en ver­wen­de­ten fi­nan­zi­el­len Mit­tel aus ir­gend­ei­ner bzw. meh­re­ren nicht näher kon­kre­ti­sier­ba­ren rechts­wid­ri­gen Tat(en) her­rühr­ten.

Her­kunft des Gel­des für Im­mo­bi­li­en­er­werb nicht er­klär­bar

Der zum Zeit­punkt des Er­werbs 19 Jahre alte Ein­zie­hungs­be­tei­lig­te habe zum Zeit­punkt des Er­werbs der Im­mo­bi­li­en über kei­ner­lei nen­nens­wer­te recht­mä­ßi­ge Ein­künf­te ver­fügt. Die Kam­mer ist nach dem Er­geb­nis der Er­mitt­lun­gen aus dem Ein­zie­hungs­ver­fah­ren vor­aus­ge­hen­den Straf­ver­fah­ren viel­mehr davon über­zeugt, dass die fi­nan­zi­el­len Mit­tel für den Er­werb der ge­nann­ten Im­mo­bi­li­en zu einem über­wie­gen­den Teil aus von Mit­glie­dern der Fa­mi­lie des Ein­zie­hungs­be­tei­lig­ten ver­üb­ten Straf­ta­ten her­rüh­ren. Dabei haben die Rich­ter unter an­de­rem auch die hohe An­zahl der gegen An­ge­hö­ri­ge der Fa­mi­lie des Ein­zie­hungs­be­tei­lig­ten ge­führ­ten Er­mitt­lungs­ver­fah­ren in den Blick ge­nom­men und Er­kennt­nis­se aus die­sen aus­ge­wer­tet.

Er­mitt­lungs­ver­fah­ren gegen Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge mit­be­rück­sich­tigt

Auch die Ein­bin­dung von Stroh­män­nern, die ge­wähl­ten recht­li­chen Kon­struk­te sowie die wei­te­ren Um­stän­de des Im­mo­bi­li­en­er­werbs sprä­chen für eine be­wuss­te Ver­schleie­rung der tat­säch­li­chen wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se und Be­rech­ti­gun­gen, so die Kam­mer in ihrem Be­schluss.

LG Berlin, Beschluss vom 07.04.2020 - 07.04.2020 541 KLs 1/20

Redaktion beck-aktuell, 21. April 2020.

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