LAG Nie­der­sach­sen: Keine Kün­di­gung al­lein wegen Ver­dachts der Zu­ge­hö­rig­keit zur sa­la­fis­ti­schen Szene

VW durf­te einem Mit­ar­bei­ter weder frist­los noch frist­ge­mäß wegen des Ver­dachts sei­ner Zu­ge­hö­rig­keit zur sa­la­fis­ti­schen Szene kün­di­gen. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen mit Ur­teil vom 12.03.2018 ent­schie­den und die Kün­di­gun­gen für un­wirk­sam er­klärt. Der Ver­dacht al­lein, ohne dass das Ar­beits­ver­hält­nis kon­kret ge­stört werde, rei­che nicht aus. Das LAG hat aber die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen (Az.: 15 Sa 319/17).

ArbG hatte Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ab­ge­wie­sen

Der Klä­ger ist von Ge­burt deut­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger. Er war seit dem 01.09.2008 bei der Be­klag­ten als Mon­ta­ge­wer­ker be­schäf­tigt. Diese be­grün­de­te die Kün­di­gung mit dem Ver­dacht, der Klä­ger wolle sich dem mi­li­tan­ten "Jihad" an­schlie­ßen. Der Klä­ger war zur Kon­trol­le und Grenz­fahn­dung aus­ge­schrie­ben. Eine am 28.12.2014 be­ab­sich­tig­te Flug­rei­se des Klä­gers nach Is­tan­bul wurde von der Bun­des­po­li­zei un­ter­bun­den. In der Folge wurde dem Klä­ger der Rei­se­pass ent­zo­gen. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Klage wies das Ver­wal­tungs­ge­richt Braun­schweig ab (BeckRS 2016, 52338). Die Be­klag­te kün­dig­te in der Folge das Ar­beits­ver­hält­nis, weil durch das Ver­hal­ten des Klä­gers der Be­triebs­frie­den und die Si­cher­heit im Un­ter­neh­men ge­fähr­det seien. Im Ja­nu­ar 2018 er­hielt der Klä­ger einen neuen Rei­se­pass. Das Ar­beits­ge­richt wies die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ab. Da­ge­gen legte der Klä­ger Be­ru­fung ein.

LAG: Ver­dacht al­lein ohne kon­kre­te Stö­rung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses nicht aus­rei­chend

Die Be­ru­fung hatte Er­folg. Der bloße Ver­dacht einer Zu­ge­hö­rig­keit zur ra­di­kal mi­li­tan­ten "Jihad-Be­we­gung" und der damit be­grün­de­te prä­ven­ti­ve Ent­zug des Rei­se­pas­ses seien als Grund für die Kün­di­gung eines Ar­beits­ver­hält­nis­ses nicht ohne wei­te­res aus­rei­chend. Nur bei einer kon­kre­ten Stö­rung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses seien sol­che Um­stän­de als Kün­di­gungs­grün­de ge­eig­net. Die Be­klag­te habe eine sol­che kon­kre­te Stö­rung je­doch eben­so wenig auf­zei­gen kön­nen wie einen drin­gen­den Ver­dacht, dass der Klä­ger den Frie­den oder die Si­cher­heit im Be­trieb stö­ren könn­te. Rein au­ßer­dienst­li­che Um­stän­de könn­ten die Kün­di­gung eines Ar­beits­ver­hält­nis­ses weder frist­los noch frist­ge­mäß recht­fer­ti­gen.

LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.03.2018 - 15 Sa 319/17

Redaktion beck-aktuell, 13. März 2018.

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