In der Regel scheitert der Beweis einer Tatsache daran, dass man dafür keine Zeugen hat. Doch es kann auch andersherum laufen, viel hilft nicht immer viel. So geschehen im Verfahren zwischen einer Bürokraft und ihrem Arbeitgeber, die darüber stritten, ob der Frau wirksam gekündigt worden war. Sie bestritt, dass ihr vom Geschäftsführer des Arbeitgebers in Gegenwart von drei Zeugen die Kündigung übergeben worden wäre. So traf man sich schließlich vor Gericht wieder, weil die Frau ihren Lohn weiterhin einforderte.
Wie zuvor schon das ArbG Hannover gab auch das LAG ihr Recht: Die Kündigung entfalte mangels nachgewiesenen Zugangs keine Rechtswirkung (Urteil vom 26.05.2025 – 4 SLa 442/24). Zwar hatte der Arbeitgeber zum Beweis des Zugangs der Kündigung gleich drei Zeugen aufgeboten. Deren Aussagen fielen aber offenbar so wenig überzeugend aus, dass das LAG ihnen nicht glaubte.
Das Gericht betonte, dass die richterliche Überzeugung mit den Denk-, Natur- und Erfahrungssätzen in Einklang stehen müsse. Dazu gehörten auch die Erkenntnisse der Aussagepsychologie, die auch im Arbeitsgerichtsverfahren zu beachten seien und eine Inhaltsanalyse der Zeugenaussagen daraufhin verlangten, ob die Angaben auf tatsächlich Erlebtem beruhen oder ergebnisbasiert sind.
Hier hatten zwar alle drei Zeugen detailliert beschrieben, wie das Kündigungsschreiben übergeben worden war. Doch eben aus Sicht der Gericht zu exakt: Die Beobachtungen stimmten so stark überein, dass das LAG davon ausging, dass es sich um abgesprochene Aussagen handelte. Die Aussagen seien im Kerngeschehen zu übereinstimmend und enthielten keine individuell unterschiedlichen Wahrnehmungen, so das LAG. Schon dies spreche gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben. Zudem fehlten detaillierte Schilderungen der Reaktion der Bürokraft auf die psychisch belastende Situation einer Kündigung, was ebenfalls Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen aufkommen lasse. Ohne die Aussagen der Zeugen aber sei der Zugang der Kündigung nicht nachgewiesen, sie sei deshalb nicht wirksam.