Ko­ali­ti­ons­ver­hand­lun­gen: Wor­auf Union und SPD sich bis­her ge­ei­nigt haben

Noch lau­fen die Ko­ali­ti­ons­ver­hand­lun­gen von CDU, CSU und SPD. Aber ei­ni­ges, was im Fall einer neuen gro­ßen Ko­ali­ti­on kom­men würde, ist schon be­kannt. Man­ches steht im Son­die­rungs­pa­pier, an­de­res kam wäh­rend der Ver­hand­lun­gen dazu.

Ober­gren­ze für Ren­ten­bei­trag

Bis 2025 soll das Ren­ten­ni­veau, also das Ver­hält­nis der Rente zum Lohn, nicht unter 48% fal­len und der Bei­trags­satz nicht über 20% stei­gen. Das wol­len die GroKo-Part­ner ge­setz­lich fi­xie­ren. Für die Zeit da­nach soll eine Ren­ten­kom­mis­si­on ein­ge­rich­tet wer­den. Müt­ter, die vor 1992 drei oder mehr Kin­der ge­bo­ren haben, sol­len auch das drit­te Jahr Er­zie­hungs­zeit in der Rente an­ge­rech­net be­kom­men.

Grund­ren­te

Wer Jahr­zehn­te ge­ar­bei­tet, Kin­der er­zo­gen und An­ge­hö­ri­ge ge­pflegt hat, soll nach 35 Bei­trags­jah­ren eine Grund­ren­te 10% über der Grund­si­che­rung er­hal­ten. Selbst­stän­di­ge sol­len zur Al­ters­vor­sor­ge ver­pflich­tet wer­den. Wer neu wegen Krank­heit früh­zei­tig Er­werbs­min­de­rungs­ren­te be­kommt, soll ren­ten­recht­lich so be­han­delt wer­den, als wenn er bis zum ak­tu­el­len Ren­ten­ein­tritts­al­ter ge­ar­bei­tet hätte.

Fa­mi­li­en­nach­zug

Der Nach­zug der Kern­fa­mi­lie von Flücht­lin­gen mit ein­ge­schränk­tem Schutz, etwa aus dem Bür­ger­kriegs­land Sy­ri­en, bleibt bis zum 31.07.2018 aus­ge­setzt. Für die Zeit müs­sen De­tails noch aus­ge­han­delt und in ein Ge­setz ge­gos­sen wer­den. An­ge­peilt ist Fol­gen­des: Ab dem 01.08.2018 sol­len auch sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te wie­der An­ge­hö­ri­ge nach Deutsch­land nach­ho­len dür­fen – al­ler­dings nur in be­grenz­tem Um­fang von bis zu 1.000 Men­schen pro Monat, also ma­xi­mal 12.000 pro Jahr. Wie genau sie aus­ge­wählt wer­den sol­len, ist un­klar. Hinzu kommt eine be­reits be­stehen­de Här­te­fall­re­ge­lung, also eine Klau­sel für be­son­de­re Aus­nah­me­fäl­le.

Mi­gra­ti­on

Der Zuzug von Flücht­lin­gen soll die Zahl von 180.000 bis 220.000 pro Jahr nicht über­schrei­ten. Asyl­ver­fah­ren sol­len künf­tig in "zen­tra­len Auf­nah­me-, Ent­schei­dungs- und Rück­füh­rungs­ein­rich­tun­gen" statt­fin­den.

Kran­ken­ver­si­che­rung

Bei­trä­ge zur ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung sol­len wie­der zu glei­chen Tei­len von Ar­beit­ge­bern und Ar­beit­neh­mern be­zahlt wer­den – das hat die SPD be­reits in den Son­die­run­gen durch­ge­setzt. Der­zeit gibt es einen fes­ten all­ge­mei­nen Bei­trags­satz von 14,6%, den Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer zu glei­chen Tei­len zah­len. Dazu kommt aber ein Zu­satz­bei­trag, den Kas­sen­mit­glie­der al­lein schul­tern müs­sen. Er liegt im Schnitt bei 1%.

Pfle­ge: 8.000 neue Fach­kraft­stel­len

Bei der Pfle­ge sol­len So­fort­maß­nah­men für eine bes­se­re Per­so­nal­aus­stat­tung ein­ge­lei­tet und in einem ers­ten Schritt 8.000 neue Fach­kraft­stel­len ge­schaf­fen wer­den. Ar­beits­be­din­gun­gen und Be­zah­lung in Al­ten­hei­men und Kli­ni­ken sol­len "so­fort und spür­bar" ver­bes­sert wer­den. Zudem sind ver­ein­fach­te Mög­lich­kei­ten für vor­über­ge­hen­de Aus- und Er­ho­lungs­zei­ten für An­ge­hö­ri­ge ge­plant. Pfle­ge-Ta­rif­ver­trä­ge sol­len leich­ter all­ge­mein­ver­bind­lich er­klärt wer­den kön­nen.

Ar­beits­markt

Das zu­nächst ge­schei­ter­te Rück­kehr­recht von Teil­zeit in Voll­zeit soll nun kom­men – für Fir­men ab 45 Mit­ar­bei­tern. Bei 45 bis 200 Mit­ar­bei­tern soll die­ser An­spruch nur einem pro 15 Mit­ar­bei­tern ge­währt wer­den müs­sen. Der Bei­trag zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung soll um 0,3 Pro­zent­punk­te sin­ken. Für Lang­zeit­ar­beits­lo­se soll ein neues För­der-In­stru­ment "Teil­ha­be am Ar­beits­markt für alle" kom­men. Ein Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­setz soll den Zuzug ord­nen und steu­ern.

Mehr Kin­der­geld

Das Kin­der­geld soll um 25 Euro pro Kind und Monat stei­gen – zum Juli 2019 noch­mals um zehn Euro und zum Ja­nu­ar 2021 um wei­te­re 15 Euro. Der Kin­der­frei­be­trag steigt ent­spre­chend. Auch der Kin­der­zu­schlag für Ein­kom­mens­schwa­che soll er­höht wer­den. Kin­der­rech­te sol­len ei­gens im Grund­ge­setz ver­an­kert wer­den.

Bil­dung: Än­de­rung des Grund­ge­set­zes

Die Par­tei­en wol­len das Grund­ge­setz än­dern, damit der Bund sich stär­ker am Aus­bau von Ganz­tags­schu­len in den Kom­mu­nen be­tei­li­gen kann. Dazu soll der Art. 104c GG ge­än­dert wer­den. Bis­her ist eine Fi­nanz­hil­fe des Bun­des nur für fi­nanz­schwa­che Kom­mu­nen zu­läs­sig. Wie der SPD-Po­li­ti­ker Hu­ber­tus Heil sagte, sol­len zwei Mil­li­ar­den Euro für den Aus­bau von Ganz­tags­schu­len und für die Be­treu­ung zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den, zudem soll ein Rechts­an­spruch auf Ganz­tags­be­treu­ung ein­ge­führt wer­den. Eine Mil­li­ar­de soll es für eine Bafög-Re­form geben.

Fi­nan­zen

Der So­li­da­ri­täts­zu­schlag soll schritt­wei­se weg­fal­len – in die­ser Wahl­pe­ri­ode mit einem "deut­li­chen ers­ten Schritt", der rund 90% der Zah­ler voll ent­las­tet. Steu­er­erhö­hun­gen für die Bür­ger soll es nicht geben. Für den Haus­halt gilt wei­ter das Ziel einer "schwar­zen Null", also kei­ner neuen Schul­den. Die Län­der sol­len bis 2021 ins­ge­samt acht Mil­li­ar­den Euro für Flücht­lings­kos­ten er­hal­ten.

Mehr Stel­len bei Si­cher­heits­be­hör­den und Jus­tiz

Bei den Si­cher­heits­be­hör­den von Bund und Län­dern sol­len je 7.500 zu­sätz­li­che Stel­len ge­schaf­fen wer­den, zudem 2.000 neue Stel­len in der Jus­tiz. Für den Um­gang mit ter­ro­ris­ti­schen Ge­fähr­dern sol­len bun­des­weit ein­heit­li­che Stan­dards kom­men.

Steu­er­an­rei­ze für Woh­nungs­bau

Der Woh­nungs­bau soll mit Steu­er­an­rei­zen ge­för­dert und Fa­mi­li­en sol­len bei der Ei­gen­tums­bil­dung un­ter­stützt wer­den. Die Miet­preis­brem­se soll auf Wirk­sam­keit über­prüft wer­den.

Ver­tei­di­gung

Rüs­tungs­ex­por­te sol­len auch mit stren­ge­ren Richt­li­ni­en wei­ter ein­ge­schränkt wer­den. Die Bun­des­wehr­trup­pen in Af­gha­ni­stan und Mali sol­len auf­ge­stockt, die mi­li­tä­ri­sche Be­tei­li­gung am Kampf gegen die Ter­ror­mi­liz Is­la­mi­scher Staat soll da­ge­gen ein­ge­schränkt wer­den.

Eu­ro­pa­po­li­tik

Deutsch­land soll in die De­bat­te für eine Stär­kung der EU aktiv wer­den. Ge­mein­sam mit Frank­reich soll die Eu­ro­zo­ne re­for­miert wer­den. Ziel ist zudem eine "so­li­da­ri­sche Ver­ant­wor­tungs­tei­lung in der EU" in der Flücht­lings­po­li­tik. Ge­ne­rell gelte: "Wir sind auch zu hö­he­ren Bei­trä­gen Deutsch­lands zum EU-Haus­halt be­reit."

De­mo­kra­tie

Pro­gram­me gegen Links- und Rechts­ex­tre­mis­mus, Is­la­mis­mus und An­ti­se­mi­tis­mus sol­len aus­ge­baut wer­den. Eine Kom­mis­si­on soll Vor­schlä­ge für mög­li­che wei­te­re Ele­men­te di­rek­ter De­mo­kra­tie ma­chen.

En­er­gie und Kli­ma­schutz

Das Kli­ma­schutz­ziel für 2030 soll "auf jeden Fall" er­reicht und die "Hand­lungs­lü­cke" bei der an­ge­streb­ten Sen­kung des CO2-Aus­sto­ßes bis 2020 schnellst­mög­lich ge­schlos­sen wer­den. Die Maß­nah­men soll eine Kom­mis­si­on bis Ende 2018 er­ar­bei­ten. Be­ach­tet wer­den sol­len Ver­sor­gungs­si­cher­heit, Sau­ber­keit, Wirt­schaft­lich­keit und eine Um­set­zung ohne Struk­tur­brü­che. Er­neu­er­ba­re En­er­gi­en sol­len schnel­ler aus­ge­baut wer­den – auf einen An­teil von 65% am Strom­ver­brauch bis 2030. Auch der Netz­aus­bau soll schnel­ler wer­den.

In­ves­ti­tio­nen in Ver­kehrs­we­ge

Die zu­letzt ge­stie­ge­nen In­ves­ti­tio­nen des Bun­des in die Ver­kehrs­we­ge sol­len "min­des­tens auf dem heu­ti­gen Ni­veau" fort­ge­führt wer­den. Ein "Be­schleu­ni­gungs­ge­setz" soll das Pla­nen und Bauen für "Ver­kehr, In­fra­struk­tur, En­er­gie und Woh­nen" er­leich­tern.

Mehr Geld für bes­se­re Stadt­luft

Fahr­ver­bo­te wegen Luft­ver­schmut­zung in Städ­ten sol­len ver­mie­den wer­den – unter an­de­rem mit "ef­fi­zi­en­te­ren und sau­be­ren Ver­bren­nungs­mo­to­ren in­klu­si­ve Nach­rüs­tun­gen". Die Kom­mu­nen sol­len für Luft­rein­hal­tung und Ver­kehrs­pro­jek­te mehr Geld be­kom­men.

Na­tio­na­le Ein­schrän­kun­gen für Gly­pho­sat

Nach der um­strit­te­nen wei­te­ren EU-Zu­las­sung soll der Ein­satz des Un­kraut­gifts na­tio­nal be­schränkt und "so schnell wie mög­lich grund­sätz­lich be­en­det" wer­den. Den Anbau gen­tech­nisch ver­än­der­ter Pflan­zen sol­len bun­des­weit ein­heit­li­che Re­geln ver­bie­ten.

Tier­wohl­la­bel

Für Fleisch aus bes­se­rer Tier­hal­tung soll die schon seit län­ge­rem ge­plan­te staat­li­che Kenn­zeich­nung mit einem Tier­wohl­la­bel kom­men. Das Mas­sen-Töten männ­li­cher Küken soll be­en­det wer­den. "Pa­ten­te auf Pflan­zen und Tiere leh­nen wir ab."

Flä­chen­de­ckend schnel­les In­ter­net und Netz­neu­tra­li­tät

Bis 2025 soll es flä­chen­de­ckend schnel­les In­ter­net mit Gi­ga­bit-Net­zen geben. Im In­ter­net sol­len wei­ter alle In­hal­te mit glei­chem Tempo trans­por­tiert wer­den – die Netz­neu­tra­li­tät bleibt.

Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge

Für Fälle mit vie­len Be­trof­fe­nen wie beim Die­sel-Skan­dal soll eine Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge mög­lich wer­den. Ver­brau­chern soll so die Mög­lich­keit er­öff­net wer­den, Schä­den ein­fa­cher gel­tend ma­chen zu kön­nen. Die bis­he­ri­ge schwarz-rote Ko­ali­ti­on im Bund hatte sich nicht mehr auf einen Ent­wurf von Jus­tiz­mi­nis­ter Heiko Maas (SPD) für eine so­ge­nann­te Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­ge ei­ni­gen kön­nen.

Kon­trol­lier­te Aus­brei­tung von Wöl­fen

Die Aus­brei­tung der Wölfe in Deutsch­land soll künf­tig stär­ker kon­trol­liert wer­den, zu­gleich sol­len Nutz­tie­re bes­ser vor An­grif­fen ge­schützt wer­den. Nach ak­tu­el­len Zah­len des Bun­des­amts für Na­tur­schutz sind in Deutsch­land ak­tu­ell 60 Wolfs­ru­del be­stä­tigt. Die Wolfs-Vor­kom­men kon­zen­trie­ren sich auf die nörd­li­chen Bun­des­län­der Nie­der­sach­sen, Bran­den­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Sach­sen-An­halt und Thü­rin­gen.

Redaktion beck-aktuell, 2. Februar 2018 (dpa).

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