Anmerkung von
Senator E. h. Ottheinz Kääb, LL.M., Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 1/2020 vom 16.01.2020
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Sachverhalt
An einer Kreuzung mit Fahrbahnmarkierungen und Richtungspfeilen wollte der Beklagte auf der einzigen Linksabbiegerspur nach links abbiegen. Daneben befanden sich noch Spuren mit Geradeauspfeilen. Der Beklagte ordnete sich auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger ein.
Der Fahrer des besser motorisierten klägerischen Fahrzeugs stand hinter dem Beklagten. Nach dem Anfahren und noch während des Linksabbiegens überholte er den voranfahrenden Pkw und die Fahrzeuge kollidierten, als sich der Beklagte die Zielspur in der Straße aussuchen wollte, in die die beiden fahrzeuge abbogen. Im Moment der Kollision hatte der Beklagte den rechten Fahrstreifen der neuen Straße noch nicht erreicht.
Rechtliche Wertung
Das Landgericht hatte Beweis erhoben und der Klage zu einem Teil entsprochen. Dagegen richtete sich die Berufung des Beklagten. Diese hat Erfolg. Das landgerichtliche Urteil wurde abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Beklagte habe freie Wahl, so das KG, in welchen Fahrstreifen er nach dem Linksabbiegen einfahren wolle. Erst mit dem endgültigen Einordnen in den Fahrstreifen sei dann klar für den Nachfolgenden, welchen Fahrstreifen er zum Überholen wählen könne. In aller Regel sei das Abbiegen nach links erst etwa 15 oder 20 Meter nach dem Einsetzen von Fahrstreifenmarkierungen beendet. Bis dahin habe der Beklagte mit seiner Wahl des Fahrstreifens «Vorrang».
Praxishinweis
Es liegt eine durchaus alltägliche Unfallsituation vor. Das Kammergericht hat die Lage klar beschrieben und rechtlich eingeordnet. Vorrang hat nicht der, dessen Fahrzeug stärker beschleunigt. Das Wahlrecht des Voranfahrenden muss beachtet werden. Für Verkehrsrechtler ist die Entscheidung von nicht unerheblicher Bedeutung.