Europarats-Juristen kritisieren Ungarns Hochschulgesetz

Nach der EU-Kommission haben sich nun auch die Verfassungsexperten des Straßburger Europarats in den Streit um das ungarische Hochschulgesetz eingeschaltet. Das Gesetz richte sich de facto gegen die vom US-Milliardär George Soros gegründete Central European University (CEU), erklärte die Venedig Kommission, die die 47 Mitgliedsländer des Europarats in verfassungsrechtlichen Fragen berät, am 11.08.2017 in Straßburg. Die ungarische Regierung lehnte die Erklärung entschieden ab.

Einwände in Bezug auf bereits in Ungarn tätige Universitäten

Die Verfassungsexperten sehen zwar grundsätzlich kein Problem, die Bestimmungen des Gesetzes auf ausländische Universitäten anzuwenden, die noch nicht in Ungarn tätig sind. Doch bei Universitäten, die bereits arbeiten, haben die Experten Einwände. Diese Einrichtungen sollten beispielsweise von der Verpflichtung befreit werden, auch in dem Land, in dem sie ihren Sitz haben, eine Ausbildung anzubieten.

Regierungspartei lehnt Vorschlag ab

Der Fraktionschef der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz, Lajos Kosa, lehnte den Vorschlag ab. "Die von George Soros finanzierten Menschen sind in schöner Zahl auch in der Venedig Kommission vertreten", erklärte der Politiker am 13.08.2017 im staatlichen Rundfunk. "Jetzt müssen sie tun, was der Herr ihnen befielt, und irgendwelche juristischen Begründungen erfinden."

Kritiker: Gesetz faktisch nur für CEU relevant

Bereits am Abend des 11.08.2017 hatte das ungarische Regierungsinformationsamt den Vorschlag der Venedig-Kommission zurückgewiesen. "Es darf kein doppeltes Maß akzeptiert werden", hieß es in der Erklärung. Das neue Gesetz gelte für die CEU ebenso wie für alle anderen Hochschuleinrichtungen im Lande. Die Venedig Kommission und andere Kritiker führen allerdings an, dass das umstrittene Gesetz eben auf die CEU zugeschnitten ist und andere Universitäten faktisch nicht betrifft.

Vertragsverletzungsverfahren läuft bereits

Im Streit um das Gesetz war die Brüsseler EU-Kommission bereits rechtlich gegen Budapest vorgegangen. Ein bereits laufendes Verfahren wegen Verletzung von EU-Recht kann in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof münden. Ungarns Regierungschef Viktor Orban regiert seit 2010 und geriet seither immer wieder mit der EU aneinander – wegen Verfassungsreformen, Mediengesetzen und Maßnahmen gegen ausländische Unternehmen.

Redaktion beck-aktuell, 14. August 2017 (dpa).