Europarat stellt Polen wegen Justizreform unter besondere Beobachtung

Angesichts der umstrittenen Justizreform will der Europarat Polen unter besondere Beobachtung stellen. Die Parlamentarische Versammlung der Staatengemeinschaft sprach sich am 28.01.2020 in Straßburg mit großer Mehrheit dafür aus, ein sogenanntes Monitoring-Verfahren für Polen aufzunehmen. Darin soll grundlegend bewertet werden, ob die demokratischen Institutionen in Polen funktionieren und die Rechtsstaatlichkeit den Ansprüchen des Europarats genügen. Es ist das erste Mal, dass der Europarat ein solches Monitoring-Verfahren für einen EU-Staat eröffnet.

Berichterstatter sollen regelmäßig nach Polen reisen

Die Reformen des polnischen Justizsystems stehen nach Ansicht des Europarat-Gremiums im Widerspruch zu europäischen Normen, untergraben und schädigen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und des Rechtsstaats. Zudem hätten die Reformen die Justiz anfällig für politische Einmischung gemacht, hieß in der Resolution. Im Rahmen des Monitorings sollen nun regelmäßig Berichterstatter der Versammlung nach Polen reisen. Zudem wird es einen ständigen Dialog mit den Behörden geben.

Gesetz zu Disziplinierung von Richtern scharf kritisiert

Mit der Entscheidung der Parlamentarischen Versammlung wächst nun der Druck auf die nationalkonservative Regierung in Warschau  weiter. Erst vor gut zwei Wochen hatten Verfassungsexperten, die sogenannte Venedig-Kommission, ein damals geplantes Gesetz zur Disziplinierung von Richtern scharf kritisiert – das polnische Parlament verabschiedete das Gesetz dennoch in der vergangenen Woche. Die Parlamentarische Versammlung rief den polnischen Präsident Andrzej Duda auf, das Gesetzesvorhaben nicht zu unterzeichnen.

Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte läuft

Auch das Europaparlament forderte Mitte Januar 2020 ein härteres Durchgreifen gegen den EU-Staat. Gegen Polen läuft derzeit ein Verfahren nach Art. 7 EU-Vertrag wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte. Das Europaparlament forderte in einer Entschließung deutlichere Fortschritte in dem Verfahren.

Mehrere Vertragsverletzungsverfahren eröffnet

Die in Polen regierende PiS hat in den vergangenen Jahren das Justizwesen weitgehend umgebaut. Die EU-Kommission hat wegen strittiger Reformen bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet und Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2020 (dpa).