Europaparlament unterstützt Strafverfahren gegen Polen wegen Justizreformen

Das Europaparlament hat sich mit großer Mehrheit hinter das Strafverfahren gestellt, das die polnische Regierung zur Rücknahme ihrer umstrittenen Justizreformen bewegen soll. Eine entsprechende Resolution wurde am 01.03.2018 in Brüssel mit 422 zu 147 Stimmen angenommen. Die Abgeordneten forderten die Regierungen der anderen EU-Staaten zudem auf, das von der EU-Kommission eingeleitete Verfahren nach Art. 7 des EU-Vertrags schnell voranzutreiben. Es könnte im letzten Schritt sogar mit einem Entzug des Stimmrechts bei Abstimmungen im EU-Ministerrat enden.

EU sieht Unabhängigkeit der Justiz in Gefahr

Das Parlament und die EU-Kommission gehen davon aus, dass die Reformen der nationalkonservativen Regierung in Polen die Unabhängigkeit der polnischen Justiz beeinträchtigen und gegen EU-Standards verstoßen. Sie geben zum Beispiel dem Justizminister die Möglichkeit, Einfluss auf einzelne Richter zu nehmen.

Stimmrechtsentzug als drastischste Maßnahme

Das von der EU-Kommission im Dezember 2017 eingeleitete Strafverfahren sieht vor, dass zunächst offiziell festgestellt wird, dass in Polen die "eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung" von EU-Werten besteht. Dafür wäre im Rat der Mitgliedstaaten eine Vier-Fünftel-Mehrheit erforderlich – das heißt: 22 Länder müssten zustimmen. Am Ende des Verfahrens könnte Polen dann wegen einer "schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung" von europäischen Werten das Stimmrecht entzogen werden.

EU-Kommission bis Ende März noch gesprächsbereit

Die erste Abstimmung soll nach derzeitigem Stand frühestens im April 2018 erfolgen. Bis Ende März 2018 will die EU-Kommission noch versuchen, die polnische Regierung zu Gesprächen über eine Überarbeitung der Reformen zu bringen. Bislang lehnt diese Änderungen ab.

Redaktion beck-aktuell, 1. März 2018 (dpa).