EuGH: Portugal durfte Richterbezüge vorübergehend kürzen

Die Kürzungen der Bezüge der Richter des portugiesischen Tribunal de Contas verstießen nicht gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit, da sie nur vorübergehend im Zusammenhang mit einer Konsolidierung eines übermäßigen Haushaltsdefizits  und einer Portugal von der Europäischen Union gewährten Finanzhilfe erfolgt seien. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 27.02.2018 entschieden (Az.: C-64/16).

Portugal senkte vorübergehend die Bezüge aller öffentlich Bediensteten

Der portugiesische Gesetzgeber senkte ab Oktober 2014 bei einer ganzen Reihe von Personen, die ein öffentliches Amt innehaben oder Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, vorübergehend die Bezüge. Dazu gehörten auch die Richter des portugiesischen Tribunal de Contas (Rechnungshof). Die Kürzungen wurden mit einem Gesetz von 2015 ab dem 01.01.2016 schrittweise aufgehoben. Die portugiesische Richtergewerkschaft ASJP klagte im Namen der betroffenen Richter gegen die Kürzungen. Sie vertritt die Auffassung, die Kürzungen verstießen gegen den “Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit“, der nicht nur in der portugiesischen Verfassung, sondern auch im Unionsrecht verankert sei.

Kürzung auch der Richterbezüge zum Abbau übermäßigen Haushaltsdefizits zulässig?

Das mit dem Streit befasste oberste portugiesische Verwaltungsgericht legte dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob es mit dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar ist, dass auf Mitglieder der rechtsprechenden Gewalt eines Mitgliedstaats allgemeine Maßnahmen zur Kürzung von Bezügen Anwendung finden, wenn diese wie im vorliegenden Fall mit der Notwendigkeit des Abbaus eines übermäßigen Haushaltsdefizits und einem Finanzhilfeprogramm der Union zusammenhängen.

EuGH: Kürzungs-Maßnahmen zur Konsolidierung waren nicht zu beanstanden

Der Gerichtshof der europäischen Union hat nunmehr entschieden, dass die Kürzung der Bezüge der Mitglieder des Tribunal de Contas mit dem Unionsrecht vereinbar gewesen ist. Die richterliche Unabhängigkeit sei zwar für das reibungslose Funktionieren des Systems der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof von grundlegender Bedeutung. Sie setze voraus, dass die betreffende Einrichtung ihre richterlichen Funktionen in völliger Autonomie ausübe, ohne mit irgendeiner Stelle hierarchisch verbunden oder ihr untergeordnet zu sein und ohne von irgendeiner Stelle Anordnungen oder Anweisungen zu erhalten, und dass sie auf diese Weise vor Interventionen oder Druck von außen geschützt sei, die die Unabhängigkeit des Urteils ihrer Mitglieder gefährden und deren Entscheidungen beeinflussen könnten. Eine wesentliche Garantie für die richterliche Unabhängigkeit stelle auch eine der Bedeutung der ausgeübten Funktionen entsprechende Vergütung dar.

Richterliche Unabhängigkeit vorliegend nicht verletzt

Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die vorliegend getroffenen Maßnahmen zur Kürzung der Bezüge die Unabhängigkeit der Mitglieder des Tribunal de Contas beeinträchtigten, zumal sie nicht nur für die Mitglieder des Tribunal de Contas gegolten haben, sondern allgemein für eine ganze Reihe von Inhabern öffentlicher Ämter und von Personen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Diese allgemeinen Maßnahmen seien zum Abbau des übermäßigen Haushaltsdefizits des portugiesischen Staates erforderlich gewesen. Außerdem seien die Maßnahmen nur vorübergehend erfolgt. Sie seien am 01.10. 2014 in Kraft getreten und am 01.10.2016 endgültig beendet worden.

EuGH, Urteil vom 27.02.2018 - C-64/16

Redaktion beck-aktuell, 27. Februar 2018.