EuGH: Früheres Urteil nicht umgesetzt - Irland wegen unterlassener UVP-Prüfung für Windfarm zu finanziellen Sanktionen verurteilt

Der Europäische Gerichtshof hat Irland unter anderem zu einem Pauschalbetrag von 5.000.000 Euro verurteilt, weil das Land ein EuGH-Urteil von 2008 nicht umgesetzt hat. Darin hatte der EuGH aufgrund der Errichtung einer Windfarm in Derrybrien ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung einen Verstoß gegen die UVP-Richtlinie 85/3372/EWG festgestellt und Irland die Durchführung einer solchen Prüfung auferlegt (Urteil vom 12.11.2019, Az.: C-261/18, BeckRS 2019, 27372).

Neues Legalisierungsverfahren nicht genutzt

Nach der Verkündung des Urteils aus dem Jahr 2008 (BeckRS 2008, 70734), in dem der Gerichtshof einen Verstoß gegen die UVP-Richtlinie 85/337/EWG durch Irland aufgrund der Errichtung einer Windfarm in Derrybrien (Irland) ohne vorherige Prüfung ihrer Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt hatte, hatte Irland ein Legalisierungsverfahren eingeführt, mit dem es dem Betreiber der Windfarm in Derrybrien ermöglichen wollte, die Anforderungen der Richtlinie 85/337/EWG zu erfüllen. Da sich der Betreiber der Windfarm diesem Verfahren jedoch nicht unterzogen hatte und es von den irischen Behörden auch nicht von Amts wegen eingeleitet worden war, reichte die Kommission eine zweite Vertragsverletzungsklage beim EuGH ein.

EuGH: Legalisierungsverfahren auch nach Inbetriebnahme einer Anlage durchzuführen

Der EuGH hat zunächst geprüft, welche Verpflichtungen die Mitgliedstaaten haben, wenn ein Vorhaben unter Verletzung der in der Richtlinie 85/337 vorgesehenen Pflicht zur vorherigen Prüfung seiner Auswirkungen auf die Umwelt genehmigt wurde. Der Gerichtshof erinnerte daran, dass die Mitgliedstaaten aufgrund des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssten, um dem Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhelfen. Sie seien insbesondere verpflichtet, eine Prüfung zur Legalisierung durchzuführen, und zwar auch nach der Inbetriebnahme einer Anlage. Eine solche Prüfung müsse nicht nur die künftigen Umweltauswirkungen der in Rede stehenden Anlage, sondern auch die seit ihrer Errichtung eingetretenen Umweltauswirkungen berücksichtigen. Sie könne zur Änderung oder Rücknahme der unter Verletzung der Pflicht zur vorherigen Prüfung erteilten Genehmigungen führen. Ungeachtet der Gesetzesreform, mit der ein Legalisierungsverfahren eingeführt worden sei, habe Irland es jedoch versäumt, eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung für die Windfarm durchzuführen und damit die Rechtskraft des Urteils von 2008 missachtet.

Keine Berufung auf Vertrauensschutz

Sodann hat der Gerichtshof die verschiedenen Argumente Irlands zu seiner Rechtfertigung zurückgewiesen. Zum einen könne sich Irland nicht auf nationale Bestimmungen berufen, die die Möglichkeiten der Einleitung eines Legalisierungsverfahrens einschränkten, das zur Sicherstellung der Durchführung des Urteils von 2008 eingeführt worden sei. In diesem Rahmen wies der EuGH darauf hin, dass die nationalen Behörden verpflichtet gewesen seien, dem Unterbleiben einer Prüfung der Auswirkungen abzuhelfen, und dass die Pflichten, die sich aus der Richtlinie 85/337/EWG ergäben, auch für den Betreiber der Windfarm gegolten hätten, da dieser von Irland kontrolliert wurde. Zum anderen könne sich Irland, auch wenn die Genehmigungen für die Errichtung der Windfarm in Derrybrien bereits bestandskräftig geworden seien, nicht auf die Rechtssicherheit und das berechtigte Vertrauen des Betreibers der Windfarm in wohlerworbene Rechte berufen, um sich den Folgen zu entziehen, die sich aus der objektiven Feststellung des Verstoßes gegen die Richtlinie 85/337/EWG ergäben. In diesem Zusammenhang betonte der Gerichtshof, dass die Vorhaben, deren Genehmigung nicht mehr unmittelbar anfechtbar sei, nicht ohne Weiteres als im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung rechtmäßig genehmigt gelten können.

Zu Pauschalbetrag von 5.000.000 Euro verurteilt

Unter Berücksichtigung der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung – seit dem Urteil von 2008 seien über elf Jahre verstrichen, ohne dass die erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden seien, um diesem Urteil nachzukommen – und angesichts der Zahlungsfähigkeit Irlands, hat der Gerichtshof Irland verurteilt, an die Europäische Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe von 5.000.000 Euro und ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro pro Tag ab der Verkündung des Urteils bis zur Durchführung des Urteils von 2008 zu zahlen.

EuGH, Urteil vom 12.11.2019 - C-261/18

Redaktion beck-aktuell, 13. November 2019.