Im März 2018 vereinbarten die beiden deutschen Energieunternehmen RWE und E.ON einen umfangreichen Tausch von Vermögenswerten, der in drei Stufen ablaufen sollte. Mit dem Deal im Wert von rund 40 Milliarden Euro wollen die Unternehmen ihre Geschäfte nach dem Aus für das RWE-Tochterunternehmen Innogy neu ordnen. In einem ersten Schritt wollte RWE die alleinige oder gemeinsame Kontrolle über bestimmte Erzeugungsanlagen von E.ON erwerben. Anschließend sollte E.ON die alleinige Kontrolle über die Sparten Energieverteilung und -vertrieb sowie bestimmte Erzeugungsanlagen vom Konkurrenten erwerben. In einem dritten und letzten Schritt plante RWE den Erwerb einer Beteiligung in Höhe von 16,67% an E.ON.
Die ersten beiden Transaktionen wurden von der Europäischen Kommission geprüft und anschließend genehmigt. Für die dritte Transaktion war das Bundeskartellamt zuständig. Gegen die beiden Genehmigungen der Europäischen Kommission klagten elf deutsche Stadtwerke vor dem EuG. Sie sind der Auffassung, dass es sich bei dem in drei Transaktionen aufgeteilten Deal in Wahrheit um einen "einzigen Zusammenschluss" handele, der auch in seiner Gesamtheit hätte geprüft werden müssen.
Viele Transaktionen und kein "einziger Zusammenschluss"
In zwei Urteilen aus dem Mai 2023 (Urteil vom 17.05.2023 – T-332/20) und dem Dezember 2023 wies das EuG die Klagen gegen die Genehmigung der beiden Transaktionen zurück. Ein Austausch von Vermögenswerten zwischen unabhängigen Unternehmen stelle keinen "einzigen Zusammenschluss" dar.
Neun der elf Stadtwerke zogen vor den EuGH, der nun über die Rechtmäßigkeit des ersten Transaktionsschrittes entschieden hat (Urteile vom 26.06.2025 in den verbundenen Rechtssachen C-464/23 P, C-465/23 P, C-467/23 P, C-468/23 P und C-470/23 P). In fünf Fällen bestätigten die Luxemburger Richterinnen und Richter die Ansicht des EuG aus dem Mai 2023 und wiesen die Rechtsmittel zurück.
Sie bestätigten insbesondere, dass ein Austausch von Vermögenswerten zwischen unabhängigen Unternehmen keinen "einzigen Zusammenschluss" darstellt.
In den anderen vier Fällen hat der Gerichtshof die Urteile der Vorinstanz aus dem Mai 2023 aufgehoben, mit denen die Klagen als unzulässig abgewiesen wurden. Das Gericht hatte beanstandet, dass die Kläger durch die Genehmigung nicht individuell betroffen seien. Die Entscheidung wollte der EuGH so nicht stehen lassen: Die klagenden Stadtwerke hätten verschiedene Argumente zu der spürbaren Beeinträchtigung ihrer Marktstellung vorgebracht. Das EuG habe dazu in seinen Urteilen nichts gesagt und so gegen seine Begründungspflicht verstoßen. Es sei nicht nachvollziehbar, ob die Argumente geprüft wurden und warum sie ungeeignet gewesen sein sollen.
Am Ergebnis ändert das jedoch nichts: Der EuGH hat nun selbst entschieden und auch diese viel Klagen als unzulässig abgewiesen. Die Luxemburger Richterinnen und Richter stellten nach einer Prüfung der Argumente fest, dass die klagenden Stadtwerke keine spürbare Beeinträchtigung nachweisen konnten. Eine individuelle Betroffenheit der Stadtwerke durch die Genehmigung der Transaktion habe nicht festgestellt werden können.
Auch gegen die Entscheidungen des EuG aus dem Dezember 2023 zum zweiten Transaktionsschritt sind beim EuGH noch Verfahren anhängig. Über diese muss noch entschieden werden.