Im Zentrum des Rechtsstreits steht der Spielwarenhersteller und frühere Carrera-Eigentümer Kurt Hesse, der sich die Rechte an der Marke "Testarossa" für Produkte wie E-Bikes und Rasierer gesichert hatte. Ferrari hatte die Marke seit 2007 für Automobile, Einzelteile und Zubehör sowie Modellfahrzeuge (Spielzeug) eingetragen.
Testarossa heißt roter Kopf oder rote Spitze. Den Namen gab man dem Boliden wegen der roten Kappen auf den Zylinderköpfen. Die flache Flunder aus Maranello konnte damit auf 290 Stundenkilometer beschleunigen. Schauspieler Alain Delon hatte einen Testarossa und Musiklegende Elton John auch. Einen enormen Werbeeffekt hatte der Dauerauftritt des Sportwagens als Dienstwagen der Polizei in der TV-Serie "Miami Vice".
Hesse hatte vor dem EUIPO argumentiert, Ferrari habe die Marke seit Jahrzehnten nicht mehr aktiv für neue Fahrzeuge verwendet. In der Tat lief die Produktion des legendären Sportwagens 1996 aus. Das EUIPO erklärte daraufhin die Marke für verfallen, da sie zwischen 2010 und 2015 nicht ernsthaft benutzt worden sei. Ferrari zog vor das EuG – mit Erfolg.
EuG: Weiterverkauf zählt als Markennutzung
Das EuG stellt klar, dass auch der Vertrieb von Gebrauchtwagen unter einer bestimmten Bezeichnung eine ernsthafte Markenbenutzung darstellen kann – insbesondere, wenn autorisierte Vertragshändler mit stillschweigender Zustimmung des Markeninhabers handeln. Zudem sei Ferrari am Verkauf bestimmter Gebrauchtwagen des Modells "Testarossa" durch die Dienstleistung der Bescheinigung der Echtheit dieser Fahrzeuge beteiligt gewesen, so das Gericht (Urteil vom 02.07.2025 – T-1103/23).
Auch für Einzelteile und Zubehör habe Ferrari für den betroffenen Zeitraum den Beweis einer solchen Nutzung erbracht. Zwar erfolge der Vertrieb über Händler, doch umfasse die Echtheitsprüfung auch zentrale Komponenten der Fahrzeuge. Daraus folgerte das Gericht, Ferrari habe auch hier einer Nutzung durch Dritte zugestimmt – zumindest stillschweigend.
Originalgetreue Nachbildungen dürfen Markenzeichen tragen
In Bezug auf Modellfahrzeuge, die unter anderem von Spielwarenherstellern vertrieben werden, hob das Gericht die Bedeutung des Lizenzhinweises hervor. Demnach darf ein Dritter ein mit einer eingetragenen Spielzeugmarke identisches Zeichen auf Modellautos nur dann nicht verwenden, wenn dadurch die Funktionen der Marke beeinträchtigt werden oder werden könnten. Eine markenrechtlich relevante Nutzung sei dann gegeben, wenn das Zeichen nicht bloß informativ über ein Vorbildfahrzeug Auskunft gibt, sondern auf eine betriebliche Verbindung zum Markeninhaber schließen lässt. Das ist laut EuG bei Produkten mit dem Hinweis "offizielles Produkt unter Ferrari-Lizenz" der Fall (Urteil vom 02.07.2025 – T-1104/23).
Die Marke erfülle damit ihre Hauptfunktion, die betriebliche Herkunft der Waren, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren. Ferrari habe daher die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt, erklärten die Richterinnen und Richter.
Markenkonflikt mit Vorgeschichte – und offenem Ausgang
Bereits 2017 hatte das LG Düsseldorf Ferrari in einem parallelen Verfahren die Marke "Testarossa" aberkannt. Die Begründung: mangelnde Nutzung. Wartung, Reparatur oder Ersatzteilgeschäft reichten laut LG nicht aus, um den Markenschutz aufrechtzuerhalten, wenn diese nicht unter der konkreten Modellbezeichnung, also "Testarossa", erbracht würden, sondern unter der Dachmarke Ferrari. Kurt Hesse hatte bereits damals argumentiert, Ferrari habe die Marke faktisch aufgegeben.
Hesse hat nach Angaben des Handelsblatts vom 3. August 2017 bereits erfolgreich gegen Opel, VW und BMW gestritten und angekündigt, notfalls auch im Fall Testarossa durch alle Instanzen zu gehen.
Gegen das Urteil des EuG ist ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH möglich. Dieses muss jedoch erst zugelassen werden.