EuG bestätigt während Ukraine-Krise ausgesprochene Sanktionen gegen russische Unternehmen

Die vom Rat im Zuge der Ukraine-Krise gegenüber russischen Banken sowie Erdöl- und Erdgasunternehmen erlassenen restriktiven Maßnahmen sind rechtens. Dies geht aus mehreren Urteilen des Gerichts der Europäischen Union vom 13.09.2018 hervor. Der Eingriff in die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht der Betroffenen ist nach Auffassung des EuG verhältnismäßig (Az.: T-715/14, T-732/14, T-734/14, T-735/14, T-737/14, T-739/14, T-798/14 und T-799/14).

Betroffene Unternehmen wollen Nichtigerklärung der Maßnahmen erreichen

Seit dem 31.07.2014 hat der Rat als Reaktion auf die Handlungen Russlands zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine gegenüber mehreren russischen Banken und auf Erdöl und Erdgas spezialisierten Unternehmen restriktive Maßnahmen erlassen. Mit diesen Maßnahmen werden verschiedene Geldtransaktionen, die Ausfuhr bestimmter sensibler Güter und Technologien und der Zugang bestimmter russischer Organisationen zu den Kapitalmärkten beschränkt und die Erbringung von für bestimmte Erdölgeschäfte erforderlichen Dienstleistungen verboten. Ziel der vom Rat erlassenen Maßnahmen ist es, die Kosten für die die Souveränität der Ukraine untergrabenden Handlungen Russlands zu erhöhen. Mehrere betroffene Unternehmen und Banken wandten sich an das EuG, um die Nichtigerklärung dieser Maßnahmen zu erwirken.

Friedliche Beilegung der Krise soll unterstützt werden

Wie das EuG betonte, bestehe das erklärte Ziel der angefochtenen Rechtsakte darin, die Kosten für die Handlungen Russlands, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, zu erhöhen und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen. Dies entspreche dem Ziel der Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit in Einklang mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen des auswärtigen Handelns der Union. Der Rat dürfe auch, wenn er dies für zweckmäßig hält, Unternehmen Beschränkungen auferlegen, die in bestimmten Sektoren der russischen Wirtschaft tätig sind, in denen Produkte, Technologien oder Dienstleistungen aus der Union besonders wichtig sind.

EuG stützt sich auf EuGH-Rechtsprechung

Die Frage, ob die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen mit dem Partnerschaftsabkommen EU-Russland vereinbar sind, sei vom Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil Rosneft vom 28.03.2017 (EuZW 2017, 529) bereits entschieden worden. Der EuGH habe nämlich festgestellt, dass der Erlass der restriktiven Maßnahmen zum Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Union und zur Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit notwendig war und dass die Prüfung der streitigen Rechtsakte anhand des Partnerschaftsabkommens EU–Russland nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Maßnahmen berühren könnte.

Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt

Zum Vorbringen, mit dem ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen das Willkürverbot gerügt wurde, habe der EuGH ausgeführt, dass das Abzielen auf Unternehmen oder Sektoren, die von hauptsächlich in der Union verfügbaren Spitzentechnologien oder Know-how abhängig sind, dem Ziel Rechnung trägt, die Effizienz der restriktiven Maßnahmen zu gewährleisten und zu verhindern, dass die Wirkung der Maßnahmen durch die Einfuhr substituierbarer Produkte, Technologien oder Dienstleistungen aus Drittländern nach Russland neutralisiert wird.

EuG verweist auf großen Wertungsspielraum

Das EuG wies außerdem darauf hin, dass der EuGH im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entschieden hat, dass dem Unionsgesetzgeber in Bereichen, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Würdigungen vornehmen muss, ein großer Wertungsspielraum zuzugestehen ist. Wie der EuGH festgestellt habe, stehe der Inhalt der angefochtenen Rechtsakte in angemessenem Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Ziel. Das EuG erinnerte daran, dass die Bedeutung der verfolgten Ziele auch erhebliche negative Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigt, die für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt hat, nicht verantwortlich sind. Dementsprechend könne der Eingriff in die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht der betroffenen Banken und Unternehmen nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

Weiteres Urteil vom gleichen Tag

Mit einem anderen Urteil vom 13.09.2018 in der Rechtssache T-515/15 bestätigte das EuG die Aufrechterhaltung des Einfrierens von Geldern des russischen Unternehmens Almaz-Antay für die Zeit 2016 bis 2017, so wie es auch die Gültigkeit des Einfrierens von Geldern dieses Unternehmens für die Zeit 2015 bis 2016 für gültig erklärt hat.

EuG, Urteil vom 13.09.2018 - T-715/14

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2018.