EuG bestätigt Rückforderung Électricité de France gewährter staatlicher Beihilfe

Die Europäische Kommission hat Frankreich zu Recht verpflichtet, eine Électricité de France (EDF) in Form eines Steuerverzichts gewährte staatliche Beihilfe in Höhe von 1,37 Milliarden Euro zurückzufordern. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 16.01.2018 entschieden und eine Nichtigkeitsklage abgewiesen. Die Kommission habe zutreffend die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers verneint (Az.: T-747/15).

Bilanzumstrukturierung und Kapitalaufstockung bei Électricité de France

Électricité de France (EDF) erzeugt, befördert und verteilt Strom insbesondere im französischen Hoheitsgebiet. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt war sie ein öffentliches Unternehmen, das zu 100% im Eigentum des französischen Staates stand. Im Rahmen der Öffnung des Elektrizitätsbinnenmarkts änderte der französische Staat 1997 seine Rechtsvorschriften, um den vermögensrechtlichen Status des Unternehmens zu klären, die Bilanz von EDF umzustrukturieren und deren Kapital aufzustocken.

EU-Kommission monierte unzulässige staatliche Beihilfe durch Verzicht auf Steuerforderung

Im Dezember 2003 stellte die Kommission fest, dass der französische Staat im Rahmen dieser Bilanzumstrukturierung und Erhöhung des Kapitals von EDF auf eine Steuerforderung verzichtet hatte, die auf 888,89 Millionen Euro veranschlagt wurde und der von EDF geschuldeten Körperschaftsteuer entsprach. Die Kommission vertrat die Ansicht, dieser Verzicht habe die Wettbewerbsstellung von EDF gegenüber ihren Mitbewerbern gestärkt und stelle eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar. Sie berechnete den von EDF insgesamt zurückzuzahlenden Beihilfebetrag einschließlich Zinsen auf 1,217 Milliarden Euro. EDF zahlte diesen Betrag an den französischen Staat zurück.

Kommissionsentscheidung wurde 2011 für nichtig erklärt

EDF klagte jedoch, unterstützt durch Frankreich, beim EuG auf Teilnichtigerklärung dieser Entscheidung. Das EuG (BeckRS 2011, 87073) erklärte die Kommissionsentscheidung für nichtig. Die Kommission hätte wegen der steuerlichen Natur der getroffenen Maßnahme prüfen müssen, ob sich der französische Staat wie ein "marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber" verhalten habe. Das Kriterium des privaten Kapitalgebers diene der Feststellung, ob die staatliche Beteiligung oder Intervention zugunsten des Kapitals des begünstigten Unternehmens ein wirtschaftliches Ziel verfolge, das auch von einem privaten Kapitalgeber verfolgt werden könnte, und daher vom Staat als Wirtschaftsteilnehmer in gleicher Weise vorgenommen werde wie von einem privaten Wirtschaftsteilnehmer. Der EuGH (BeckRS 2012, 81042) bestätigte das EuG-Urteil.

Kommission stellte erneut unzulässige staatliche Beihilfe fest: Kriterium des privaten Kapitalgebers nicht anwendbar

Im Anschluss an diese Urteile erließ die Kommission im Juli 2015 einen neuen Beschluss. Sie kam zu dem Ergebnis, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im konkreten Fall nicht anwendbar sei, erklärte die Beihilfemaßnahme erneut für unvereinbar mit dem Binnenmarkt und verlangte die Rückforderung der Beihilfe zuzüglich Zinsen. Der Betrag in Höhe von jetzt etwa 1,37 Milliarden Euro wurde Frankreich im Oktober 2015 zurückerstattet. EDF klagte, unterstützt durch Frankreich, wiederum beim EuG auf Nichtigerklärung des neuen Kommissionsbeschluss.

EuG: Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zu Recht verneint

Das EuG hat die Klage abgewiesen. Es hat damit den Kommissionsbeschluss von 2015 und somit die Verpflichtung des französischen Staates, den Betrag von etwa 1,37 Milliarden Euro zurückzufordern, bestätigt. Die Kommission habe die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zu Recht verneint. Weder EDF noch Frankreich hätten Gesichtspunkte vorgebracht, aus denen eindeutig hervorgehe, dass der französische Staat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des fraglichen Vorteils entschieden hatte, in EDF zu investieren, und wie ein privater Kapitalgeber die Rentabilität der Investition in Form der Gewährung eines solchen Vorteils für EDF bewertet hatte.

Keine Rekapitalisierung des Unternehmens

Das Gericht weist darauf hin, dass die Rollen des Staates als Anteilseigner eines Unternehmens und als Träger öffentlicher Gewalt zu unterscheiden sind. Die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hänge letztlich davon ab, ob der Staat einem ihm gehörenden Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gewährt. Das Vorbringen von EDF, der französische Staat habe in seiner Eigenschaft als Anteilseigner gehandelt und ein Investitionsziel verfolgt, das dem Wesen nach mit dem eines privaten Kapitalgebers vergleichbar sei, greife nicht durch. Denn mit der streitigen Maßnahme sei keine Rekapitalisierung des Unternehmens vorgenommen, sondern auf die Erhebung der Steuer bei der Neueinstufung der Rechte des Abtretenden als Kapital verzichtet worden.

Handeln als Anteilseigner rechtsfehlerfrei als nicht erwiesen erachtet

Auch das Vorbringen von EDF, die Kommission habe in ihrer Begründung zu Unrecht angenommen, der französische Staat habe seine Stellung als Träger öffentlicher Gewalt und als Anteilseigner miteinander vermengt, lässt das Gericht nicht gelten. Es weist darauf hin, dass der französische Staat eindeutig und auf der Grundlage objektiver und nachprüfbarer Gesichtspunkte hätte nachweisen müssen, dass er die fragliche Maßnahme als Anteilseigner getroffen hatte. Aus diesen Gesichtspunkten müsste klar hervorgehen, dass er vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils entschieden hatte, in EDF zu investieren. Die Kommission habe eine Gesamtwürdigung aller ihr von EDF und Frankreich zur Verfügung gestellten Gesichtspunkte vorgenommen, um zu ermitteln, ob der französische Staat die streitige Maßnahme als Anteilseigner oder als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hatte, und somit keinen Rechtsfehler begangen hat.

Dokumente belegen keine eigenständige Analyse als Anteilseigner

Die Kommission ist laut EuG auch zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die von EDF und dem französischen Staat gelieferten Dokumente nicht von einer gesonderten und eigenständigen Analyse der Erwägungen des Staates in seiner Eigenschaft als Anteilseigner zeugten und auch nicht belegten, dass es keine Verflechtung zwischen den die Steuer betreffenden und den die Vergütung für den Staat betreffenden Erwägungen gab.

Dokumente enthalten keine Rentabilitätsbewertung wie bei einem privaten Kapitalgeber

Die Kommission habe auch insoweit keinen Rechtsfehler begangen, als sie das Fehlen spezieller Studien, Referenzen oder Analysen als Erschwernis dafür eingestuft habe, die Wirkungen der angeblichen Investition in den vom französischen Staat oder von EDF übermittelten Informationen isoliert zu betrachten, so das EuG weiter. Die Kommission habe zu Recht festgestellt, dass die verschiedenen von EDF und dem französischen Staat gelieferten Dokumente keine wirtschaftlichen Bewertungen darstellen oder enthalten, die mit denen vergleichbar wären, die ein privater Kapitalgeber vor der Umsetzung der streitigen Maßnahme vorgenommen hätte, um die künftige Rentabilität zu ermitteln.

EuG, Urteil vom 16.01.2018 - T-747/15

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2018.