EGMR: Verbot von Gesichtsschleiern kein Verstoß gegen Menschenrechte

Es bleibt dabei: Verbietet ein Staat seinen Bürgern, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen, verstößt er damit nicht gegen die Religionsfreiheit. Selbst bei den Strafen hat er weitgehend freie Hand. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte am 11.07.2017 in Straßburg bereits zum zweiten Mal entsprechende Verbote (Az.: 37798/13; 4619/12).

Belgisches Gesetz verbietet Gesichtsverschleierung in der Öffentlichkeit

Dieses Mal ging es um ein belgisches Gesetz, das es seit Mitte 2011 untersagt, im öffentlichen Raum Kleidung zu tragen, die das Gesicht teilweise oder ganz bedeckt. Verstöße können mit einer Geldstrafe und mehreren Tagen Haft betraft werden. Außerdem ging es um Satzungen von drei belgischen Gemeinden von 2008 mit ähnlichen Verboten. Dagegen hatten sich zwei Musliminnen gewehrt, die aus religiösen Gründen einen Gesichtsschleier (Nikab) tragen. Sie sahen sich diskriminiert und ihre Religionsfreiheit sowie Privatsphäre verletzt.

EGMR: Akzeptanz eines Gesichtsschleiers ist Wahloption einer Gesellschaft

Der Gerichtshof stimmte dem nicht zu. Die Verhüllungsverbote hätten zum Ziel, die Bedingungen des Zusammenlebens zu garantieren, heißt es in dem Urteil. In diesem Zusammenhang könnten die Nationalstaaten generell besser die lokalen Bedürfnisse einschätzen als ein internationales Gericht. Die Frage, ob ein Gesichtsschleier in der belgischen Öffentlichkeit akzeptiert werde, sei deshalb eine Wahl der Gesellschaft.

EGMR bestätigt auch Strafandrohung

Die Straßburger Richter hatten selbst an der Möglichkeit, eine mehrtägige Gefängnisstrafe zu verhängen, nichts auszusetzen. Die Strafandrohung sei verhältnismäßig, da sie sich nur bei wiederholten Verstößen greife und nicht automatisch angewendet werde. Der Gerichtshof bestätigte damit ein Urteil aus dem Jahr 2014. Damals hatte er eine Beschwerde gegen ein ähnliches Verbot in Frankreich abgewiesen. Haftstrafen drohte das französische Gesetz zwar nicht an - dafür aber Staatsbürgerschaftskurse.

EGMR, Urteil vom 11.07.2017 - 37798/13

Redaktion beck-aktuell, 11. Juli 2017 (dpa).