djb fordert umfangreiche Maßnahmen gegen Hate Speech

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) fordert in einem aktuellen Positionspapier von der Bundesregierung unverzügliches und umfassendes Handeln, um Hass im Netz entgegen zu treten und diesen stärker zu sanktionieren. Dabei müsse auch die lange vernachlässigte Geschlechterdimension in den Blick genommen werden. "Frauen sind mehr und anders von Hate Speech betroffen als Männer", betonte die Präsidentin des djb, Maria Wersig in einer Mitteilung vom 04.11.2019. Das von der Bundesregierung vorgelegte Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ist nach Ansicht des djb unzureichend.

Wersig: Dreiklang von Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus

Zwar sei es begrüßenswert, wenn die strafrechtlichen Regelungen zu Hasskriminalität, insbesondere auch zu Beleidigungen, den Besonderheiten des Netzes angepasst würden. Auch befürworte der djb den Ausbau der Präventionsprogramme. "Es muss aber nicht nur gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sensibilisiert werden, ebenso notwendig ist es, dem massiven Antifeminismus der Täter Rechnung zu tragen", sagte Wersig. Der Anschlag in Halle/Saale, aber auch vergleichbare Terrorakte vorher hätten gezeigt, dass in den diffusen Manifesten der Attentäter Frauenfeindlichkeit eine entscheidende Rolle spiele. Es gebe einen Dreiklang von Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus, betonte die djb-Präsidentin.

Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes

Prioritär sei nach dem Positionspapier, wie vom djb bereits mehrfach gefordert, die Weiterentwicklung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes: Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Meldeverfahrens, gesetzliche Vorgaben für die Transparenzberichte, die Verankerung eines Put-Back-Verfahrens, eine normative Klarstellung zur sachlichen Zuständigkeit der Zustellungsbevollmächtigten, eine Prüfung der Erweiterung der bisher erfassten Plattformen, ein individueller Auskunftsanspruch gegenüber den Plattformbetreibern entsprechend dem Urheberrecht und ihre Pflicht, sämtliche Kopien von rechtswidrigen Äußerungen zu suchen, zu entfernen oder zu sperren. Unverzichtbar für eine geschlechtergerecht sachliche Evaluierung des Gesetzes sei eine geschlechtsspezifische Aufschlüsselung der Daten.

Juristinnen sprechen sich für digitales Gewaltschutzgesetz aus

Der djb begrüßt grundsätzlich die Idee eines digitalen Gewaltschutzgesetzes, das in einem richterlichen Verfahren die Löschung und/oder (zeitweilige) Sperrung von Accounts ohne Klarnamenpflicht ermöglicht. Unverzichtbar sei hier die Verbandsklage, heißt es in der Mitteilung des djb.

Flächendeckende Einführung von Sonderstaatsanwaltschaften gefordert

Im Strafrecht fordert der djb, Hate Speech im digitalen Raum als Beleidigungsdelikt auch ohne Strafantrag der verletzten Person zu verfolgen, wenn dies den Interessen der verletzten Person nicht widerspricht. Dabei könnten auch für Beleidigungsdelikte eine Melde- und Beweissicherungspflicht sowie eine Speicherpflicht der Plattformbetreiber erforderlich sein. Die flächendeckende Einführung von Sonderstaatsanwaltschaften sei ebenso notwendig wie eine intensive Fortbildung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz. Außerdem müsse die polizeiliche Definition von "Hasskriminalität" um das Merkmal "Geschlecht" ergänzt werden. Im Übrigen verweist der djb auf seine schon bisher erhobene Forderung, das Opferentschädigungsgesetz auch auf Opfer psychischer Gewalt mit schweren Folgen auszuweiten. Dies sei für Betroffene von Hate Speech, die häufig mit erheblichen psychischen Folgen durch die Angriffe belastet sind, von großer Bedeutung.

Redaktion beck-aktuell, 6. November 2019.