DAV kritisiert Gesetzentwurf gegen Missbrauch von Abmahnungen

Der Deutsche Anwaltverein sieht den Regierungsentwurf des "Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs" kritisch. Es gebe keinen Handlungs­bedarf im Abmahn­wesen. In diesem Bereich tätige Rechtsanwälte dürften nicht generell unter Missbrauchsverdacht gestellt werden.

DAV rügt widersprüchliches Agieren des Gesetzgebers

Wenn Menschen ihr Recht in Anspruch nehmen, dürfe ihnen dies nicht zum Vorwurf gemacht werden – jedenfalls nicht in einem Rechtsstaat, so der DAV. Kleine und mittlere Unternehmen gäben oft viel Geld aus, um allen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden – ob DS-GVO, Impressum, Verbraucherinformationen oder Produktkennzeichnungen. Deswegen sei es verständlich, wenn sie sich ärgerten, wenn sich Konkurrenten Mühe, Aufwand und Geld sparen und es mit dem Verbraucherschutz nicht ganz so genau nehmen. "Es ist völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber einerseits den Verbraucherschutz durch strenge gesetzliche Auflagen stärkt, zugleich jedoch Verstöße als Bagatellen abtut und Abmahnungen – insbesondere damit beschäftigte Anwältinnen und Anwälte – pauschal unter Missbrauchsverdacht stellt", sagte DAV-Präsidentin Edith Kindermann.

DAV hält Ausschluss der Erstattung der Abmahnkosten von Mitbewerbern für besonders bedenklich

Besonders kritisch sieht der DAV am Regierungsentwurf das Vorhaben, die Abmahnkosten von Mitbewerbern bei Rechtsverstößen (etwa gegen die DS-GVO) von einer Erstattung auszuschließen. "Wer sich als Mittelständler anwaltliche Hilfe sucht, um gegen Gesetzesverstöße der Konkurrenz vorzugehen, würde damit auf eigene Gefahr handeln – mit dem Risiko, auf den Kosten der Abmahnung sitzen zu bleiben", mahnt Kindermann. Verstöße gegen die Impressumspflicht und die Verletzung gesetzlicher Informationspflichten blieben risikolos, weil Kammern und Verbände diese Aufgabe kaum übernehmen würden.

Rechts­durch­setzung Privaten überlassen

Das System der Abmahnung existiere, weil der deutsche Staat im Werbe­recht, im Urheber­recht oder beim Daten­schutz die Rechts­durch­setzung Privaten überlässt, unterstreicht der DAV. Dadurch sollten teure und langwierige gericht­liche Ausein­ander­set­zungen vermieden werden. Anderen­falls müsste man eine Aufsichtsbehörde einrichten, die die Verstöße verfolgt, wie etwa in Großbritannien. Was die DS-GVO angeht, sei die vielfach progno­s­ti­zierte Abmahn­welle übrigens ausge­blieben. Einen Handlungs­bedarf, insbe­sondere eine Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit, gebe es daher nicht, so der DAV. Wer meint, zu Unrecht von einer Abmahnung betroffen zu sein, könne das "selbstverständlich gerichtlich überprüfen lassen".

Redaktion beck-aktuell, 16. Mai 2019.