Antragsteller sehen sich in Religionsfreiheit verletzt
Nach der Berliner SARS-Co-V2-Eindämmungsverordnung vom 22.03.2020 (Coronavirus-Eindämmungsverordnung) gilt stadtweit nicht nur die grundsätzliche Verpflichtung, sich in seiner Wohnung beziehungsweise gewöhnlichen Unterkunft aufzuhalten, sondern außerdem ein Verbot vermeidbarer öffentlicher und nichtöffentlicher Veranstaltungen und Versammlungen. Von den in der Verordnung geregelten Ausnahmen zu diesem Verbot sind Gottesdienste nicht erfasst. Hierdurch sehen sich der religiöse Verein (Antragsteller zu 1), der Gottesdienste in traditioneller römischer Liturgie abhalten beziehungsweise im Fall des Gläubigen (Antragsteller zu 2) besuchen will, jeweils in ihrer Religionsfreiheit verletzt.
Auch keine Gottesdienste mit beschränkter Teilnehmerzahl
Mit ihrem beim VG gestellten Eilantrag wollen die Antragsteller erreichen, dass der religiöse Verein künftig öffentliche Gottesdienste mit bis zu 50 Teilnehmenden abhalten darf, soweit zwischen den Gläubigen Mindestabstände von 1,50 Meter eingehalten und Listen ihrer Kontaktdaten geführt werden. Das VG hat den Eilantrag abgelehnt. Eine wegen der hier begehrten Vorwegnahme der Hauptsache notwendige hohe Wahrscheinlichkeit des Obsiegens der Antragsteller in einem Klageverfahren sei nicht gegeben, so das Gericht.
VG sieht keine Grundrechtsverletzung
Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass den Antragstellern ein Anordnungsanspruch mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zustehe, meint das VG. Nach der Coronavirus-Eindämmungsverordnung sei der Besuch von Kirchen, Moscheen und Synagogen zwar erlaubt, allerdings nur zur individuellen stillen Einkehr. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass eine öffentliche Veranstaltung von Gottesdiensten und deren Besuch nicht zu den erlaubten Tätigkeiten zähle und kein Verlassen der Wohnung rechtfertige, so das VG. Diese Regelung verletze jedenfalls nicht die Religionsfreiheit (Art. 4 GG) der Antragsteller.
Eingriff zum Schutz von Leben und Gesundheit gerechtfertigt
Die Bestimmung bedeute zwar einen Eingriff in die Religionsfreiheit. Dieser sei jedoch durch widerstreitende Grundrechte und Werte von Verfassungsrang gerechtfertigt, namentlich den Schutz von Leben und Gesundheit sowohl der Gottesdienstteilnehmer als auch der übrigen Bevölkerung, aber auch der Aufrechterhaltung eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystems, heißt es im Beschluss weiter.
Verbot auch verhältnismäßig
Zum Schutz dieser Werte sei das zeitlich begrenzte Verbot auch verhältnismäßig. Der Kernbereich der Religionsfreiheit werde nicht berührt. Kirchenbesuche zur individuellen stillen Einkehr blieben weiter erlaubt, ebenso private Andachten im Kreis der Haushaltsangehörigen. Ferner bestehe die Möglichkeit, Gottesdienste auf elektronischem Wege zu übertragen und als gläubiger Mensch entsprechende Angebote zu nutzen, so das VG abschließend.