BVerwG: Subsidiär schutzberechtigte Ausländer können nicht zusätzlich auf nationales Abschiebungsverbot klagen

Einem Ausländer, dem bestandskräftig subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, fehlt auch nach der Aussetzung des Familiennachzuges für diesen Personenkreis das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf die zusätzliche Feststellung der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbotes gerichtete Klage. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19.04.2018 entschieden (Az.: 1 C 29.17).

Subsidiärer Schutz zuerkannt

Die Kläger, eine Mutter und ihr Sohn, sind eritreische Staatsangehörige. Der Ehemann der Klägerin war vom Nationaldienst in Eritrea desertiert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkannte den Klägern subsidiären Schutz zu. Im Übrigen lehnte es ihre Asylanträge ab. Von Feststellungen zu Abschiebungsverboten sah es ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes gerichtete Klage abgewiesen. Zwar habe der Klägerin im Zeitpunkt des Verlassens ihres Heimatlandes jederzeit die außergerichtliche und willkürliche Inhaftierung durch den eritreischen Staat gedroht, die ihr auch im Falle einer Rückkehr nach Eritrea drohe. Eine solche Inhaftierung knüpfe indes nicht an einen Verfolgungsgrund an, insbesondere nicht an eine ihr zugeschriebene politische Überzeugung oder an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots bezüglich Eritreas festzustellen.

Kein Verstoß gegen Bundesrecht

Das BVerwG hat jetzt die Sprungrevision der Kläger zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe die von ihm zur Verfolgungslage und -motivation festgestellten Tatsachen für das BVerwG bindend ohne Verstoß gegen Bundesrecht dahin bewertet, dass die drohenden Maßnahmen nicht an einen Verfolgungsgrund anknüpfen. Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden sei unter anderem die Würdigung der Vorinstanz, es sei unter Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der eritreische Staat sämtlichen Deserteuren und Verweigerern des Nationaldienstes sowie deren Familienangehörigen ohne weitere Anhaltspunkte eine gegnerische politische Überzeugung zuschreibe und sie deswegen zu bestrafen suche. Die ihr als Ehefrau eines Deserteurs drohende Inhaftierung erfolge nach den Feststellungen des VG auch nicht wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, etwa der Familie eines Deserteurs.

Kein Rechtsschutzinteresse für Feststellung nationalen Abschiebungsverbotes

Soweit die Klägerin hilfsweise die Verpflichtung der beklagten Bundesrepublik begehrt, in Bezug auf ihre Person ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK festzustellen, fehle der Klage das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Eine entsprechende Feststellung könnte ihre Rechtsstellung im Hinblick auf die bestandskräftige Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht verbessern, weil sie ihr keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil verschaffe. Die zusätzliche Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes würde insbesondere ihrem Ehemann nicht die Möglichkeit eines Familiennachzuges eröffnen. § 104 Abs. 13 Satz 1 AufenthG, der derzeit den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG erteilt worden ist, grundsätzlich ausschließt, sperre im Ergebnis auch den Familiennachzug zu Inhabern einer im Einzelfall etwa zusätzlich zu erteilenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, so das BVerwG.

BVerwG, Urteil vom 19.04.2018 - 1 C 29.17

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2018.