BVerwG: Stadt München muss Kosten für selbstbeschafften "Luxus-Kita"-Platz nicht übernehmen

Im "Luxus-Kita"-Fall hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26.10.2017 entschieden, dass die Stadt München die Kosten für den von den Eltern selbst beschafften Kita-Platz nicht übernehmen muss. Versäumt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe es, einem Kind einen geeigneten Betreuungsplatz nachzuweisen, müsse er gleichwohl die Aufwendungen für einen selbstbeschafften Betreuungsplatz nicht übernehmen, wenn diese Kosten von den Eltern auch bei rechtzeitigem Nachweis zu tragen gewesen wären (Az.: BVerwG 5 C 19.16).

Mutter zeigte Bedarf für Kita-Platz an

Die Mutter des im August 2011 geborenen Klägers zeigte bei der Beklagten an, dass der Kläger ab dem 01.04.2014 einen Vollzeitbetreuungsplatz benötige. Daraufhin wies ihr die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe Ende Januar 2014 freie Plätze bei insgesamt sechs Tagespflegepersonen nach.

Mutter lehnte Angebote der Stadt für Tagesmutter ab

Die Mutter des Klägers lehnte die Plätze ab, weil diese entweder zu früh schließen würden oder an einem Tag nicht geöffnet seien. Am 05.02.2014 meldeten die Eltern des Klägers diesen in einer privaten Tageseinrichtung an - nach dem Betreungsvertrag mit einer frühkindlichen Förderung von 40 Wochenstunden und einem Preis von monatlich 1.380 Euro zu entrichten.

VGH sprach dem Grunde nach Aufwendungsersatz zu

Das Verwaltungsgericht wies die Klage auf Erstattung eines Teils des entrichteten Beitrags ab. Auf die Berufung des Klägers hob der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil teilweise auf und sprach insoweit dem Grunde nach Aufwendungsersatz zu. Dagegen legte Beklagte Revision ein.

BVerwG: Kein Wahlrecht in Bezug auf Betreuungsplatz

Die Revision hatte Erfolg. Das BVerwG hat das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt. Zwar seien die vom BVerwG aufgestellten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für einen selbstbeschafften Platz in einer Kindertageseinrichtung - rechtzeitige Azeige des Bedarfs, Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen, Bedarfsdeckung duldet keinen zeitlichen Aufschub - erfüllt. Allerdings bestehe weder ein Recht, zwischen dem Nachweis eines Platzes in einer Tageseinrichtung und in Kindertagespflege zu wählen, noch ein Wahlrecht zwischen einem Platz in einer Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Trägers und einer Betreuung in einer privaten Einrichtung.

Finanzielle Zumutbarkeit in eigenständigem Verfahren zu prüfen

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei bundesrechtlich nicht verpflichtet, dem Kind einen kostenfreien oder zumindest kostengünstigen Betreuungsplatz nachzuweisen, so das BVerwG. Ob der im Fall seiner Inanspruchnahme zu entrichtende Beitrag im Einzelfall finanziell zumutbar sei, sei nicht Gegenstand des Nachweisverfahrens. Zwar dürfe der von § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII verliehene Anspruch auf eine möglichst optimale Kinderbetreuung nicht dadurch gefährdet oder gar vereitelt werden, dass die Inanspruchnahme der nachgewiesenen Betreuungsstellen mit unzumutbaren finanziellen Belastungen verbunden wäre. Der Gesetzgeber habe sich aber dafür entschieden, dass die finanzielle Zumutbarkeit erst in einem eigenständigen Verfahren nach § 90 Abs. 3 und 4 SGB VIII zu prüfen ist. Danach solle in bestimmten Fällen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einspringen.

Kläger hätte Kosten für selbstbeschafften Betreuungsplatz auch bei dessen Nachweis durch Beklagte tragen müssen

Obwohl die Selbstbeschaffung hier zulässig gewesen sei, könne der Kläger nicht die Übernahme eines Teiles des für die Nutzung der gewählten Tageseinrichtung entrichteten Beitrags verlangen. Denn laut BVerwG muss der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur diejenigen Aufwendungen für einen selbstbeschafften Betreuungsplatz übernehmen, die der Leistungsberechtigte im Falle des rechtzeitigen Nachweises nicht hätte tragen müssen. Hätte die Beklagte dem Kläger den von diesem beschafften Betreuungsplatz nachgewiesen, hätte sie ihrer Nachweispflicht mit der Folge genügt, dass der Kläger den vereinbarten Teilnahmebeitrag ebenfalls hätte entrichten müssen. Ob dieser Beitrag hinsichtlich der Höhe zumutbar gewesen sei oder nach § 90 Abs. 3 SGB VIII (teilweise) zu übernehmen gewesen wäre, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16

Redaktion beck-aktuell, 27. Oktober 2017.