Neue Rechtslage seit 2013
Nach dem seit dem 01.01.2013 geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder sind Inhaber von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zur Zahlung des Rundfunkbeitrags verpflichtet. Dessen Höhe richtet sich für Betriebsstätteninhaber nach einer Staffelung, die sich an der Anzahl der Beschäftigten orientiert und degressiv verläuft. Auf der ersten Stufe mit keinem bis acht Beschäftigten hat der Inhaber der Betriebsstätte ein Drittel des zunächst 17,98 Euro im Monat betragenden Rundfunkbeitrags zu zahlen, während auf der obersten zehnten Stufe mit 20.000 und mehr Beschäftigten 180 Rundfunkbeiträge zu entrichten sind. Für jedes betrieblich genutzte Kraftfahrzeug muss dessen Inhaber ein Drittel des Rundfunkbeitrags entrichten, wobei für jede beitragspflichtige Betriebsstätte jeweils ein Kraftfahrzeug beitragsfrei ist. Die Festsetzung des zu zahlenden Rundfunkbeitrags beruht auf den Angaben der Inhaber über die Anzahl der Beschäftigten und beitragspflichtigen Kraftfahrzeuge. Kommen diese ihrer Mitteilungspflicht nicht nach, sind die Rundfunkanstalten berechtigt, bei denjenigen Rundfunkteilnehmern, die bis Ende 2012 die Rundfunkgebühr bezahlt haben, bis zur Erfüllung der Mitteilungspflicht den Beitrag in Höhe der bisher festgesetzten Rundfunkgebühr (sogenannter Übergangsbeitrag) zu verlangen.
Autovermietung und Einzelhandelskette klagen gegen Beitragspflicht
Die Klägerin im Verfahren 6 C 49.15 betreibt deutschlandweit eine Autovermietung und hat die Bescheide angefochten, mit denen die beklagte Rundfunkanstalt aufgrund der Angaben der Klägerin die Höhe des Beitrags für ihre Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge festgesetzt hat. Bei der Klägerin in den Verfahren 6 C 12.15, 6 C 13.15 und 6 C 14.15 handelt es sich um eine Einzelhandelskette, die unter anderem drei Logistikzentren besitzt und der beklagten Rundfunkanstalt die für die Beitragsfestsetzung notwendigen Angaben nicht mitgeteilt hat. Sie wendet sich gegen die Festsetzungen der Rundfunkbeiträge in Höhe der "Übergangsbeiträge“. In allen Verfahren berufen sich die Klägerinnen auf die Verfassungswidrigkeit der die Beitragspflicht begründenden Bestimmungen. Die Klagen sind in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Rundfunkfreiheit rechtfertigt Erhebung von Rundfunkbeiträgen
Das BVerwG hat die Revisionen der Klägerinnen gegen die Berufungsurteile zurückgewiesen. Da es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe handelt, besäßen die Länder die Regelungsbefugnis für den Rundfunkbeitrag. Für dessen Erhebung bedürfe es verfassungsrechtlich einer besonderen Rechtfertigung. Diese sei gegeben, weil die verfassungsrechtlich verankerte Rundfunkfreiheit eine Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umfasst und der Beitrag die Rundfunkempfangsmöglichkeit abgilt. Die Anknüpfung an die Betriebsstätte und betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge sei geeignet, diesen Vorteil im nicht privaten Bereich zu erfassen. Der Vorteil beziehe sich auf die Möglichkeit der Nutzung des Programmangebots für die Erledigung betrieblicher Aufgaben, für die Beschäftigten und/oder für die Kunden. Die Annahme des Gesetzgebers, dass Rundfunkprogramme in Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen typischerweise empfangen werden und deren Inhaber hiervon in unternehmensspezifischer Weise profitieren, ist laut BVerwG von seinem Gestaltungsspielraum noch gedeckt.
Gesetzgeber darf von nahezu lückenloser Verbreitung von Empfangsgeräten in Betriebsstätten und Kfz ausgehen
Zu Recht sei der Gesetzgeber von einer nahezu lückenlosen Verbreitung klassischer und neuartiger Empfangsgeräte – zum Beispiel internetfähiger PCs, Smartphones und Tablets – in Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen ausgegangen. Für die Betriebsstätten stütze sich diese Annahme zum einen auf die Verbreitung von internetfähigen PCs, die bereits 2013 in 87% der Betriebsstätten vorhanden waren und von deren weiterer Zunahme der Gesetzgeber ausgehen durfte. Zum anderen habe der Gesetzgeber auf den bereits vor Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vorliegenden Bestand an Anmeldungen nicht privater Rundfunkteilnehmer zur Rundfunkgebühr wegen des Besitzes von Radios, Fernsehgeräten und weiteren neuartigen Empfangsgeräten für seine Annahme zurückgreifen dürfen. Kraftfahrzeuge seien zu 97% mit einem Autoradio ausgestattet.
Gesetzgeber musste keine Befreiungsmöglichkeit bei fehlendem Gerätebesitz einräumen
Die erforderliche Rechtfertigung des Rundfunkbeitrags sei des Weiteren anzuerkennen, weil eine Flucht aus der Rundfunkgebühr auch im nicht privaten Bereich festzustellen gewesen sei und damit Zweifel an der Belastungsgleichheit der Erhebung der Rundfunkgebühr bestanden hätten, erläutert das BVerwG. Insbesondere die Verbreitung gebührenpflichtiger multifunktionaler Empfangsgeräte lasse sich auch bei nicht privaten Rundfunkteilnehmern nicht mehr mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Aus den vorgenannten Gründen und zur Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Erhebung des Beitrags sei der Gesetzgeber nicht gehalten gewesen, eine Befreiungsmöglichkeit bei fehlendem Gerätebesitz vorzusehen.
Auch Höhe des Beitrags verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
Die Höhe des Beitrags für Betriebsstätten und betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge begegne am Maßstab des Gleichbehandlungsgebots ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Ausgestaltung des Beitragstarifs orientiere sich in beiden Fällen am jeweiligen Vorteil, den der Inhaber durch die Rundfunkempfangsmöglichkeit hat. So sei die degressive Staffelung der Beitragshöhe für Betriebsstätten angesichts des Umstandes, dass sich der Vorteil für die Betriebsstätten nicht nur durch die Nutzung des Rundfunkangebots durch die Beschäftigten, sondern auch durch die Kunden und im Rahmen der Erfüllung betrieblicher Aufgaben widerspiegeln kann, sachlich gerechtfertigt. Demgegenüber habe sich der Gesetzgeber bei den Kraftfahrzeugen für eine linear zu der Anzahl der Fahrzeuge steigende Beitragshöhe entscheiden dürfen, weil hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insoweit keine Unterschiede bestehen.
Keine Bevorzugung bei fehlender Mitwirkung
Soweit die Rundfunkanstalten bei mangelnder Mitwirkung der Betriebsstätten- und Kraftfahrzeuginhaber den Rundfunkbeitrag zunächst nicht ermitteln und stattdessen lediglich einen "Übergangsbeitrag“ festsetzen können, würden nicht diejenigen begünstigt, die bewusst ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen und damit einer höheren Beitragspflicht entgehen wollen. Eine derartige, nicht hinnehmbare Privilegierung gegenüber den ihrer Mitwirkungspflicht nachkommenden Beitragspflichtigen liege nicht vor. Denn die Rundfunkanstalten seien verpflichtet, die gesetzlich geschuldeten Beiträge im Wege der Nacherhebung festzusetzen, sobald sie die erforderlichen Angaben erhoben haben.