BVerfG verlangt stärkere Rechte für leibliche Väter
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Leibliche Väter müssen ein effektives Recht haben, die Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten, sagt das BVerfG. Damit greift der Senat einer ohnehin anstehenden Gesetzesreform vor.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Position von Männern im Kampf um die rechtliche Vaterschaft für ihre leiblichen Kinder gestärkt. Die Verfassungsbeschwerde eines Mannes aus Sachsen-Anhalt hatte am Dienstag in Karlsruhe teilweise Erfolg (Urteil vom 09.04.2024 - 1 BvR 2017/21). Die gesetzlichen Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung durch leibliche Väter seien mit dem Elterngrundrecht nicht vereinbar, urteilte der Erste Senat. Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025 bleibe das Gesetz in Kraft. Eingeleitete Verfahren seien auf Antrag aber auszusetzen, sagte Präsident Stephan Harbarth.

Der Gesetzgeber müsse beim Elterngrundrecht die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater berücksichtigen, hieß es. "Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, muss zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden." Dem genüge das bisherige Recht nicht.

Justizministerium plant bereits Reform

Der biologische Vater eines heute dreijährigen Sohnes hatte sich zuvor durch die Instanzen geklagt, um auch rechtlich als solcher anerkannt zu werden. Als rechtlichen Vater hatte die Mutter des Kindes jedoch einige Monate nach der Geburt ihren neuen Lebensgefährten eintragen lassen - allerdings erst, nachdem der Kläger einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte. Nach einem langen Verfahren unterlag der leibliche Vater vor dem OLG Naumburg. Dieses berief sich auf den BGH, demzufolge das Recht des biologischen Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft ausnahmslos ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vater im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am Familiengericht eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Davon geht  man aus, wenn der Mann und die Mutter des Kindes verheiratet sind oder der Mann mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

Letzteres war in der konkreten Konstellation der Fall. Das BVerfG hob den Naumburger Beschluss nun auf und verwies das Verfahren zurück an das OLG. Der Vater könne dort eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer gesetzlichen Neuregelung beantragen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte schon vor dem Urteil eine Gesetzesreform angekündigt. Er will die Rechtsposition von leiblichen Vätern stärken, die als rechtliche Väter Verantwortung für ihr Kind übernehmen möchten. In Eckpunkten zur Modernisierung des Abstammungsrechts ist eine Sperrwirkung eines Feststellungsverfahrens enthalten. "Solange ein gerichtliches Verfahren läuft, in dem ein Mann seine Vaterschaft feststellen lassen will, soll grundsätzlich kein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können", heißt es dazu beim Ministerium. Die Gesetzentwürfe sollen noch im ersten Halbjahr 2024 folgen.

BVerfG, Beschluss vom 11.04.2024 - 1 BvR 2290/23

Redaktion beck-aktuell, mam, 9. April 2024 (dpa).