BVerfG: Hotel durfte damaligem NPD-Vorsitzendem Hausverbot erteilen

Das Bundesverfassungsgericht hat ein dem damaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt von einer privaten Hotelbetreiberin wegen seiner politischen Überzeugung erteiltes Hausverbot bestätigt. Weder verstoße es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Diskriminierungsverbot aufgrund politischer Überzeugung in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (Beschluss vom 27.08.2019, Az.: 1 BvR 879/12).

Hausverbot wegen rechtsextremer Gesinnung 

Der Beschwerdeführer im zugrundeliegenden Fall war von März 1996 bis November 2011 Bundesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Seine Ehefrau buchte für Dezember 2009 einen viertägigen Aufenthalt in einem Wellnesshotel. Nachdem die Buchung zunächst bestätigt wurde, teilte die Hotelbetreiberin schriftlich mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel nicht möglich sei. Stattdessen bot sie alternative Unterbringungsmöglichkeiten oder eine kostenlose Stornierung an. Auf Nachfrage erteilte die Hotelbetreiberin dem Beschwerdeführer sodann ein Hausverbot und begründete dies damit, dass die politische Überzeugung des Beschwerdeführers nicht mit dem Ziel der Hotels vereinbar sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten.

BGH bestätigte in die Zukunft gerichtetes Hausverbot

Die von dem Beschwerdeführer erhobene auf den Widerruf des Hausverbots gerichtete Klage blieb vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht erfolglos. Der BGH gab der Klage insoweit statt, als es den schon vertraglich vereinbarten Zeitraum betraf, bestätigte aber das in die Zukunft gerichtete Hausverbot der Hotelbetreiberin. Dagegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde.

BVerfG: Allgemeiner Gleichheitssatz nicht verletzt

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sei unbegründet, da die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten verletzten. Der Erste Senat des BVerfG habe in seinem Beschluss vom 11.04.2018 (NJW 2018, 1667) die Reichweite der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in das Zivilrecht in Blick auf ein Hausverbot weitgehend geklärt. Ausgehend von diesen Grundsätzen entfalte der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der vorliegenden Konstellation keine Drittwirkung zugunsten des Beschwerdeführers. 

Drittwirkung nur bei spezifischen Konstellationen

Art. 3 Abs. 1 GG enthalte kein objektives Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Dahingehende Anforderungen würden sich auch nicht aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung ergeben. Grundsätzlich gehöre es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von ihrem Eigentum Gebrauch machen wolle. Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten könnten sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nur für spezifische Konstellationen ergeben, so unter Umständen bei einem einseitigen, auf das Hausrecht gestützten Ausschluss von privaten Großveranstaltungen oder bei einer aus struktureller Überlegenheit resultierenden Entscheidungsmacht eines Vertragspartners. 

Spezifische Konstellation hier nicht gegeben

Eine solche spezifische Konstellation liege hier nicht vor. Weder handele es sich bei einem Besuch in einem Wellness-Hotel um eine Veranstaltung, die in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheide, noch habe die Hotelbetreiberin eine Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit. Sie betreibe nur eines von mehreren Hotels im Ort Bad Saarow.

Diskriminierungsverbot aufgrund politischer Überzeugung: Ausgleich mit entgegenstehenden Freiheitsrechten 

Auch in Bezug auf die speziellen Gleichheitsrechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG sieht das BVerfG keine Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG sehe vor, dass niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden dürfe. Allerdings sei durch das BVerfG noch nicht geklärt, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die verschiedenen speziellen Gleichheitsrechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG Drittwirkung entfalten können. Auch der vorliegende Fall biete hierzu keine Veranlassung. Denn auch wenn sich aus dieser Vorschrift insoweit möglicherweise weiterreichende und strengere Bindungen als aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sollten, könnte das jedenfalls für das hier allein in Frage stehende Merkmal der politischen Anschauungen nicht bedeuten, dass zwischen Privaten diesbezüglich ein absolutes Unterscheidungsverbot gelten könnte, sondern bedürfte es eines Ausgleichs mit entgegenstehenden Freiheitsrechten. Dass dieser hier zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen müsste, sei nach den vom BGH zu Grunde gelegten konkreten Umständen nicht ersichtlich.

Beeinträchtigung nur in der Freizeitgestaltung 

Danach werde der Beschwerdeführer durch das in die Zukunft gerichtete Hausverbot lediglich in seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Auch sei dem Beschwerdeführer das Hausverbot vorab schriftlich und nicht etwa erst bei der Ankunft in dem Hotel mitgeteilt worden. Die Mitteilung sei deshalb nicht mit einer öffentlichen Bloßstellung und Stigmatisierung verbunden gewesen. Der Beschwerdeführer müsse nach dem teilweise stattgebenden Urteil des BGH auch lediglich für die Zukunft hinnehmen, in dem hier in Frage stehenden Hotel nicht willkommen zu sein. Dabei gebe es in der Umgebung eine Vielfalt anderer Hotels, um die sich der Beschwerdeführer bemühen könne. Dass er insoweit auf grundsätzliche Schwierigkeiten stoße und er aufgrund seiner politischen Überzeugung boykottiert oder vom öffentlichen Leben ausgeschlossen wäre, sei nach den fachgerichtlichen Feststellungen nicht ersichtlich. Dem Beschwerdeführer seien vielmehr ausdrücklich Beherbergungsalternativen in der Umgebung angeboten worden.

Hotelbetreiberin kann sich auf Hausrecht und unternehmerische Berufsfreiheit berufen

Auf Seiten der Hotelbetreiberin habe der BGH auf das durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Hausrecht sowie die unternehmerische Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen. Dabei habe er ausgeführt, dass sie ein Geschäftskonzept verfolge, bei dem die Erholung und Freizeitgestaltung der Gäste im Mittelpunkt stehe, und sie als Hotelbetreiberin habe befürchten müssen, dass sich andere Hotelgäste durch die Konfrontation mit dem Beschwerdeführer aufgrund der von ihm kurz zuvor in die Öffentlichkeit getragenen politischen Überzeugungen gestört fühlen würden, weil sich der Beschwerdeführer durch polarisierende politische Äußerungen im Zeitraum vor der Verhängung des Hausverbots in besonderer Weise in die Öffentlichkeit begeben habe. Die Hotelbetreiberin hätte sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Beschwerden, Protesten, Spannungen im Betriebsablauf und gegebenenfalls auch Stornierungen ausgesetzt gesehen, wenn sie den Beschwerdeführer aufgenommen hätte. Angesichts dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzt.

BVerfG, Beschluss vom 27.08.2019 - BvR 879/12

Redaktion beck-aktuell, 9. Oktober 2019.