BVerfG: Eilantrag gegen Meldetermin der Arbeitsagentur ohne formlosen Verlegungsversuch kann negative Kostenentscheidung zur Folge haben

Wer sich gegen einen eventuell versehentlich anberaumten Meldetermin der Arbeitsagentur (hier: Beschwerdeführer arbeitete zu diesem Zeitpunkt noch) sogleich mit einem Eilantrag an das Sozialgericht wendet, ohne vorher formlos, etwa telefonisch, zu versuchen, bei der Behörde eine Verlegung des Termins zu erreichen, wird nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn er die Kosten des Eilverfahrens nach Erledigung selbst tragen muss. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.03.2018 entschieden. Darin liege kein Verstoß gegen das Willkürverbot (Az.: 1 BvR 300/18).

Ohne vorher versuchte Terminsverlegung Widerspruch eingelegt und Eilantrag gestellt

Die Antragsgegnerin, die Bundesagentur für Arbeit, lud den Beschwerdeführer zu einem Meldetermin, an dem der Beschwerdeführer wegen seiner zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden beruflichen Verpflichtung verhindert war. Ohne sich zuvor telefonisch bei der Antragsgegnerin um eine Verlegung zu bemühen, legte der Beschwerdeführer durch seinen Anwalt Widerspruch gegen den Termin ein und beantragte die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.

SG nach Antragserledigung: Beschwerdeführer muss Kosten selbst tragen

Die Antragsgegnerin verlegte den Termin umgehend. Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer seinen Antrag für erledigt und beantragte die Erstattung seiner Kosten. Das Sozialgericht entschied, dass der Beschwerdeführer seine Kosten selbst zu tragen habe. Seine dagegen gerichtete Anhörungsrüge blieb erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG.

BVerfG: Kein Verstoß gegen Willkürverbot

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer habe eine mögliche Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht ausreichend dargelegt. Die Kostenentscheidung des § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG stehe im richterlichen Ermessen. Die vorliegend getroffene richterliche Entscheidung sei weder von sachfremden Erwägungen getragen noch gänzlich unvertretbar. Dies wäre aber die Voraussetzung für eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Kostenentscheidung vertretbar

Laut BVerfG käme zwar unter dem Gesichtspunkt, dass die Antragsgegnerin durch ihre Terminsbestimmung den gerichtlichen Antrag erst veranlasst habe, auch eine Kostenentscheidung nach dem Verursacherprinzip und damit zugunsten des Beschwerdeführers in Betracht. In vertretbarer Weise habe das SG seiner Entscheidung aber zugrunde gelegt, dass es nach den Umständen des Einzelfalls nahelag, dass auch ein einfaches außergerichtliches Bemühen um eine Terminsverlegung voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre. Der Beschwerdeführer habe jedoch weder selbst noch durch seinen Anwalt den Versuch unternommen, formlos mit der Antragsgegnerin Kontakt aufzunehmen. So hätte geklärt werden können, ob der Behörde ein Versehen unterlaufen sei, etwa weil sie übersehen habe, dass er wegen seiner beruflichen Verpflichtungen am Meldetermin verhindert war. Vielmehr habe der Beschwerdeführer direkt einen gerichtlichen Antrag gestellt, wobei die damit verbundene Bindung von Ressourcen und Kostenfolge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht notwendig gewesen wäre.

Wahrscheinliche Korrektur lässt Rechtsschutzbedürfnis entfallen

Dem Beschwerdeführer sei zwar zuzugestehen, dass vor einem gerichtlichen Antrag grundsätzlich keine förmliche Entscheidung der Ausgangsbehörde eingeholt werden muss, so das BVerfG weiter. Aus der Begründung der Kostenentscheidung gehe allerdings hervor, dass das SG zwischen der Notwendigkeit einer solchen behördlichen Entscheidung und dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis unterschieden hat. Letzteres könne fehlen, wenn es naheliege, dass die Behörde zu einer unverzüglichen Korrektur bereit ist.

BVerfG, Beschluss vom 14.03.2018 - 1 BvR 300/18

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2018.