BVerfG: AfD-Organklage gegen Flüchtlingspolitik der Bundesregierung unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat die Organklage der AfD-Fraktion gegen die Entscheidung der Regierung im Herbst 2015, Flüchtlinge an der deutschen Grenze nicht zurückzuweisen, als unzulässig verworfen. Die AfD-Fraktion habe nicht hinreichend dargelegt, dass sie in ihren Rechten verletzt worden sei (Beschluss vom 11.12.2018, Az.: 2 BvE 1/18).

Regierung beschloss Aufnahme von Flüchtlingen

Im Jahr 2015 kam es zu einem starken Anstieg der Zahl von Personen, die in Deutschland Schutz suchten. Ein großer Teil gelangte über die sogenannte Balkanroute aus Österreich kommend nach Deutschland. Daraufhin wurden an den deutschen Grenzen, schwerpunktmäßig an der deutsch-österreichischen Grenze, vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt. Im Zusammenhang damit wurde innerhalb der Bundesregierung (Antragsgegnerin) die Entscheidung getroffen, Drittstaatsangehörige, die in Deutschland um Schutz nachsuchen, nicht an der Grenze zurückzuweisen.

AfD-Fraktion sah Beteiligungsrechte des Bundestages verletzt

Die AfD-Bundestagsfraktion als Antragstellerin gehört seit 2017 erstmals dem Deutschen Bundestag an. Sie begehrte mit ihrem Antrag zu 1. im Wesentlichen die Feststellung, dass die Antragsgegnerin durch die Duldung der Einreise von Asylbewerbern sowie die Eröffnung und Durchführung von Asylverfahren in bestimmten Fällen die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages und dadurch zugleich den Gewaltenteilungsgrundsatz sowie den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes verletzt habe. Der Antrag zu 2. ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Duldung der Migration von Ausländern aus bestimmten Staaten nur auf der Grundlage eines vom parlamentarischen Gesetzgeber zu erlassenden "Migrationsverantwortungsgesetzes" zulässig wäre. Mit dem Antrag zu 3. soll festgestellt werden, dass Asylbewerber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen an den Grenzen zurückzuweisen sind.

BVerfG: Organklage keine objektive Beanstandungsklage

Das BVerfG hat die Anträge als unzulässig verworfen. Die AfD-Fraktion habe nicht darlegt, in eigenen Rechten verletzt worden zu sein. Mit dem Antrag zu 1. gehe es ihr nicht um die Durchsetzung eigener oder dem Deutschen Bundestag zustehender (Beteiligungs-)Rechte, sondern um das Unterbinden eines bestimmten Regierungshandelns. Denn nach ihrer Ansicht seien alle wesentlichen Fragen der Migration von dem Parlament in einem "Migrationsverantwortungsgesetz" zu normieren. Zugleich führe die AfD-Fraktion aber aus, sie selbst sei "am allerwenigsten" bereit, entsprechende Gesetze zur Legalisierung des Handelns der Bundesregierung im Bundestag zu initiieren. Die AfD-Fraktion halte mithin ein "Migrationsverantwortungsgesetz" mit Blick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung für notwendig, kündige indes zugleich an, an dessen Initiierung im Deutschen Bundestag nicht mitwirken zu wollen. Folglich erstrebe sie keine Befassung des Deutschen Bundestages zum Zwecke der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, sondern die Kontrolle eines bestimmten Verhaltens der Regierung durch das BVerfG. Deren Verhalten könne im Organstreitverfahren aber nicht isoliert beanstandet werden. Ebenso wenig könne auf diesem Wege die Beachtung von (Verfassungs-)Recht erzwungen werden. Der Organstreit eröffne nicht die Möglichkeit einer objektiven Beanstandungsklage.

Weitere Anträge ebenfalls unzulässig

Auch die beiden weiteren Sachanträge genügen laut BVerfG nicht den Anforderungen des § 64 BVerfGG. Der in der Antragsschrift formulierte Antrag zu 2. sei auf die Feststellung gerichtet, dass die Duldung der Migration bestimmter Ausländer "nur zulässig wäre aufgrund eines vorab ordnungsgemäß zustande gekommenen parlamentarischen Gesetzes". Mit diesem Antrag werde schon keine konkrete Rechtsverletzung durch die Antragsgegnerin behauptet. Er ziele vielmehr – im Ergebnis ebenso wie der Antrag zu 1. – auf die Wahrung objektiven Rechts in einer von der Antragstellerin vorgenommenen Auslegung. Dies sei im Organstreitverfahren nicht zulässig. Der Antrag zu 3. sei auf eine nicht zulässige Rechtsfolge gerichtet. Die Antragstellerin begehre mit ihm die Feststellung, dass Asylbewerber unter bestimmten Voraussetzungen "an den Grenzen zurückzuweisen" seien. Gegenstand dieses Antrags sei der Ausspruch einer Verpflichtung und damit ein im Organstreitverfahren unzulässiges Rechtsschutzziel.

BVerfG, Beschluss vom 11.12.2018 - 2 BvE 1/18

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2018.