2023 stellte das Ordnungsamt bei einem Lebensmittelunternehmen mehrere Verstöße gegen Lebensmittelvorschriften fest. Es wollte anschließend über den sogenannten Lebensmittelpranger die Öffentlichkeit über die Missstände informieren.
Der § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) sieht eine "unverzügliche" Veröffentlichung vor. Bis das Amt die Informationen bekanntgab, dauerte es aber rund 17 Monate. Denn das Unternehmen ging im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Veröffentlichung vor. Das VG lehnte den Antrag recht flott ab, die Beschwerde vor dem VGH wurde aber erst nach mehr als 14 Monaten zurückgewiesen. Der VGH war der Ansicht, dass auch jetzt nichts gegen eine Veröffentlichung der Verstöße spreche. Sie erfolge immer noch "unverzüglich" im Sinn der Regelung des LFGB, denn die zeitliche Verzögerung beruhe maßgeblich auf der Zurückstellung der Veröffentlichung seitens der Behörde während eines laufenden gerichtlichen Eilverfahrens.
BVerfG: Ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsfreiheit
Das BVerfG sieht das anders – bei der Frage, ob die Veröffentlichung noch "unverzüglich" erfolgte, habe der VGH die Berufsfreiheit nicht ausreichend berücksichtigt, so die Karlsruher Richterinnen und Richter (Beschluss vom 28.07.2025 - 1 BvR 1949/24). Eine Veröffentlichung nach 17 Monaten verliere ihren Informationswert, belaste das Unternehmen aber weiterhin erheblich. Die große Sichtbarkeit im Internet könne zu Ansehensverlust, wirtschaftlichen Schäden und Existenzgefährdung führen. Die Lebensmittelherstellerin sei daher in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.
Grundsätzlich sei zwar die Verzögerung durch den einstweiligen Rechtsschutz bei der Frage nach der "Unverzüglichkeit" nicht zu berücksichtigen, so das BVerfG. Die Berufsfreiheit gebiete es aber, mit Blick auf die Gesamtdauer des Verfahrens mit einzubeziehen, ob und inwieweit sich in dem Verfahren eingetretene zeitliche Verzögerungen nach den Umständen des Einzelfalls noch als angemessen erweisen. Das gelte umso mehr, da es weder ersichtlich sei, dass die zeitliche Verzögerung der Sphäre des Unternehmens zuzurechnen sein könnte, noch sachliche Gründe erkennbar sind, die die eingetretene zeitliche Verzögerung nach den Umständen des Einzelfalls noch als angemessen erscheinen lassen könnten.
Eben diese Abwägung sei dem VGH nicht gelungen, so das BVerfG. Je weiter der festgestellte Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Gebote zeitlich entfernt sei, desto geringer sei der objektive Informationswert seiner Verbreitung, weil sich vom Verstoß in der Vergangenheit objektiv immer weniger auf die aktuelle Situation des betroffenen Unternehmens schließen lasse. Die Karlsruher Richterinnen und Richter hoben die Entscheidung des VGH daher auf und verwiesen das Verfahren zurück.