Bundesverfassungsgericht stellt Einheitswerte für Grundsteuer infrage

Das Bundesverfassungsgericht hat die Berechnungsgrundlage der für Kommunen wichtigen Grundsteuer auf den Prüfstand gestellt. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die Frage, ob die einmal festgestellten Einheitswerte - 1964 in den westlichen und 1935 in den neuen Bundesländern - heute noch eine gerechte Steuererhebung zulassen. Vertreter der Bundesregierung und der Kläger äußerten gegensätzliche Überzeugungen. Nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs verstoßen die Einheitswerte für die mehr als 35 Millionen Grundstücke und Immobilien in Deutschland gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes.

BVerfG-Richter bohren nach

Die Grundsteuer trifft die Eigentümer und wird an Mieter weitergegeben. Insgesamt fließen fast 14 Milliarden Euro im Jahr in die Kassen von Städten und Gemeinden. Die Bundesverfassungsrichter bohrten mehrfach nach, wie sich die mehr als ein halbes Jahrhundert alten Zahlen noch rechtfertigen lassen. Nach Angaben der Berliner Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof (SPD) werden Immobilien bei gravierenden Veränderungen wie Sanierungen aber auch neu bewertet. Der Ausgang der am 16.01.2017 in Karlsruhe verhandelten fünf Verfahren hat große Bedeutung für Immobilienbesitzer, Mieter und Kommunen. Bis zu einer Entscheidung dauert es in der Regel mehrere Monate.

Hamburger Finanzsenator: Neufestlegung der Einheitswerte schadet Mietern

Vertreter von Bund und Ländern erklärten, dass eine Verfassungswidrigkeit der Einheitswerte zum totalen Ausfall der Grundsteuer führen könnte. Das wäre für Städte und Gemeinden nicht tragbar, weil sie mehr als 10% ihrer Steuereinnahmen ausmache. Der Hamburger Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) warnte vor einer massiven Mehrbelastung für Mieter durch eine Reform. Eine Neufestlegung der Einheitswerte würde Millionen Mieter treffen, deren Immobilien in den vergangenen Jahren ohne eigenes Zutun eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hätten, sagte er. Seiner Meinung nach sollte sich die Grundsteuer an den Boden- und Gebäudeflächen orientieren.

Mieterbund fordert Ausgestaltung als Bodensteuer

Der Deutsche Mieterbund fordert, die Grundsteuer künftig als Bodensteuer zu erheben. Das würde der Spekulation entgegenwirken. Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen die Reformpläne der Bundesländer. Ein Reformvorschlag des Bundesrats war 2017 im Bundestag hängen geblieben. Alle Beteiligten streben an, das Gesamtsteueraufkommen nicht wesentlich zu verändern. Der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof, wies zu Beginn der Verhandlung, darauf hin, dass das Gericht, sollte es einen Verstoß gegen das Grundgesetz feststellen, entscheiden müsse, wie mit der Zeit bis zu einer Neuregelung und bereits erlassenen Steuerbescheiden umgegangen werden soll. Gesetzgebungsverfahren und Neubewertung der Grundstücke und Immobilien würde mehrere Jahre dauern.

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2018 (dpa).