Bundesregierung will Nutzern sozialer Netzwerke mehr Rechte einräumen

Nutzer sozialer Netzwerke, die im Netz bedroht oder beleidigt werden, sollen mehr Rechte erhalten, um sich besser wehren zu können. Dazu hat die Bundesregierung am 01.04.2020 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) beschlossen, wie das Bundesjustizministerium mitteilte. Vorgesehen sei insbesondere, die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen zu vereinfachen und Nutzern bei gelöschten oder nicht gelöschten Beiträgen einen Anspruch auf Überprüfung und Begründung gegen das soziale Netzwerk zu geben.

Anspruch auf Überprüfung und Begründung bei gelöschten oder nicht gelöschten Posts

Wie das Ministerium erläutert, müssen soziale Netzwerke nach dem Gesetzentwurf ein sogenanntes Gegenvorstellungsverfahren einführen: Werde ein eigener Post gelöscht oder ein als rechtswidrig gemeldeter beibehalten, könnten Nutzer künftig vom sozialen Netzwerk die Überprüfung dieser Entscheidung verlangen. Das Ergebnis dieser Überprüfung müsse das soziale Netzwerk gegenüber dem Nutzer individuell begründen. Zudem werde gesetzlich klargestellt, dass an den Zustellungsbevollmächtigten auch Schriftstücke bei Wiederherstellungsklagen, mit denen ein Nutzer die Aufhebung einer Löschung (sogenanntes Put-back) verlangt, zugestellt werden können. Dadurch werde der Schutz der Nutzer gegen unberechtigte Löschungen und Account-Sperrungen verbessert.

Vorgaben für nutzerfreundlichere Meldewege  

Die Vorgaben für die Verfahren zur Übermittlung von Nutzerbeschwerden über rechtswidrige Inhalte würden zur Klarstellung um weitere nutzerfreundliche Aspekte ergänzt wie etwa leichte Bedienbarkeit oder Erkennbarkeit des Meldewegs vom Inhalt aus.

Leichtere Durchsetzung von Auskunftsansprüchen  

§ 14 TMG werde dahingehend ergänzt, dass zukünftig das mit der Zulässigkeit zur Datenherausgabe befasste Gericht zugleich auch die Verpflichtung des sozialen Netzwerks zur Datenherausgabe anordnen kann. Dadurch werde das Verfahren vereinfacht, das Betroffene anstrengen müssten, um von Anbietern sozialer Netzwerke Auskünfte beispielsweise über die Identität eines Beleidigers zu erhalten.

Strengere Anforderungen an Transparenzberichte

Die Informationspflichten für die halbjährlichen Transparenzberichte würden um verschiedene Aspekte ergänzt. Künftig müssten Veränderungen im Vergleich zu vorherigen Berichten erläutert werden. Zudem müssten die sozialen Netzwerke insbesondere Angaben zur Anwendung und zu Ergebnissen von Gegenvorstellungsverfahren machen und über automatisierte Verfahren zum Auffinden und Löschen von rechtswidrigen Inhalten berichten. Darüber hinaus müsse künftig in den Berichten aufgeführt werden, ob und inwiefern die sozialen Netzwerke unabhängigen Forschungseinrichtungen Zugang zu anonymisierten Daten für wissenschaftliche Zwecke gewähren. Über den Zugang zu anonymisierten Daten der Netzwerke könnten Wissenschaftler wichtige Erkenntnisse gewinnen, welche Personengruppen systematisch – und in Bezug auf welche Eigenschaften – das Ziel rechtswidriger Inhalte im Netz seien und inwiefern abgestimmte und koordinierte Verhaltensweisen von Verfassern rechtswidriger Inhalte vorlägen.

Ausweitung des NetzDG auf Videosharingplattform-Dienste

Anlass des Gesetzentwurfs ist laut Ministerium die Umsetzung der geänderten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL), die bis zum 19.09.2020 in nationales Recht umzusetzen sei. Die geänderte AVMD-RL sehe Compliance-Pflichten zum Schutz vor strafbaren Inhalten auf Videosharingplattform-Diensten vor, auch für kleinere sowie themenspezifische Anbieter, beispielsweise Plattformen zum Verbreiten von Games-Videos. Entsprechend weite der Gesetzentwurf den Anwendungsbereich auf solche Anbieter von Videosharingplattform-Diensten aus. Das Ministerium merkt an, dass der Gesetzentwurf die Änderungen im NetzDG ergänze, die mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vom 19.02.2020 vorgeschlagen worden seien.

Redaktion beck-aktuell, 1. April 2020.