BRAK kritisiert geplante Neuregelung zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sieht den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht kritisch. Dies geht aus einer im Oktober 2019 veröffentlichten Stellungnahme hervor. Das Anliegen des Gesetzentwurfs, den Verbraucherschutz auch im Zusammenhang mit Inkassotätigkeiten zu verbessern, sei grundsätzlich anerkennenswert. Allerdings sei nicht erkennbar, dass die Regelungsvorschläge tatsächlich geeignet wären, dieses Ziel zu erreichen, jedenfalls aber nicht ohne Beeinträchtigung anderer schützenswerter Interessen, heißt es in der Stellungnahme.

Erheblicher zusätzlicher Aufwand für Rechtsanwälte

Der Gesetzgeber habe sich das Ziel gesetzt, durch das geplante Gesetz die aus seiner Sicht im Verhältnis zum Aufwand zumeist als deutlich zu hoch anzusehenden Inkassokosten zu senken und die Ausnutzung mangelnder Rechtskenntnisse der Schuldner von Inkassoforderungen zu unterbinden. Dazu solle eine Reihe von gesetzgeberischen Maßnahmen ergriffen werden, in denen zum einen die nach RVG zu berechnenden Gebühren für die außergerichtliche Inkassotätigkeit drastisch – nämlich um nahezu 50% – gesenkt werden sollen, und zwar auch im Mandatsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Gläubiger. Gleichzeitig sollen neue und sehr weitgehende Aufklärungs- und Hinweispflichten generiert werden, die einen erheblichen zusätzlichen Aufwand für die Rechtsanwälte darstellen.

BRAK: Schutz des Schuldners zu stark im Vordergrund

Der Gesetzentwurf sei geprägt von der Absicht, den Schuldner vor angeblich häufigen unredlichen und zum Teil sogar kriminellen Machenschaften von im Inkassowesen tätigen Rechtsanwälten und Inkassounternehmen zu schützen. Der Gesetzgeber sollte nach Ansicht der BRAK allerdings nicht aus dem Blick verlieren, dass jedenfalls bei berechtigten Forderungen – bei unberechtigten Forderungen stelle sich die Frage der Kostenerstattung ohnehin nicht – es zunächst der Schuldner sei, der sich nicht gesetzestreu verhalte und seine Zahlungspflichten nicht erfülle.

"Schieflage": Vertragstreue Partei wird unangemessen benachteiligt

Zutreffend weise der Gesetzgeber zwar darauf hin, dass der Waren- und Dienstleistungsaustausch auf Kreditierungsbasis, vor allem aufgrund der Nutzung des Internets, deutlich zugenommen habe und der Wirtschaft durch die vermehrte Nichtzahlung insbesondere kleiner Forderungen ein erheblicher Schaden entstehe. Die Verantwortung hierfür liege jedoch weder bei den Unternehmen noch bei den jeweiligen Dienstleistern, die die Unternehmen dabei unterstützen, ihre Forderungen durchzusetzen. Wenn der Schuldner besser geschützt werden soll, dann sollte dies im Rahmen des Bestellvorganges bzw. der Beauftragung einer Dienstleistung erfolgen, nicht im Rahmen der Erbringung seiner Gegenleistung (Bezahlung). Die BRAK sieht in dem gesetzgeberischen Ansatz eine "Schieflage", die dazu führt, dass die vertragstreue Partei – im Rahmen der Beitreibung von ausstehenden Forderungen – unangemessen benachteiligt werde.

Missbrauchsfälle werden bereits umfassend zivil- und strafrechtlich sanktioniert

Es werde nicht verkannt, dass es im Rahmen der Berechnung von Inkassokosten zu Missbrauchsfällen gekommen sei und weiterhin komme. Diese würden jedoch, soweit sie bekannt werden und Rechtsanwälte betreffen, auf der Grundlage der bestehenden Gesetze umfassend zivil- und strafrechtlich sanktioniert. Der Schuldner, dem es möglich sei, am Dienstleistungs- und Warenaustausch aktiv teilzunehmen, sei auch in der Lage, von ihm als ungerechtfertigt empfundene Inkassokosten zu überprüfen. Das Internet stelle hierzu ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung. Das im Referentenentwurf aufgeführte Argument, die Gerichte müssten vor Verfahren, in denen es um die Überprüfung von Inkassokosten geht, bewahrt werden, könne nicht als Rechtfertigung dafür dienen, die für Inkassotätigkeiten abrechenbare Vergütung drastisch und generell zu reduzieren – und das in Zeiten, in denen durch steigende Personal- und Raumkosten die Kostenbelastung der Rechtsanwälte permanent steige und die letzte Anpassung der anwaltlichen Gebühren mehr als sechs Jahre zurückliege.

Entwurf unterscheidet nicht zwischen Rechtsanwälten und Inkassounternehmen

Hinzu komme, dass der Gesetzesentwurf weder zwischen Inkassoleistungen durch Rechtsanwälte einerseits und durch Inkassounternehmen andererseits differenziere. Der "redliche" Rechtsanwalt, der in einer überschaubaren Anzahl Forderungseinzug betreibe und jede Forderung separat einer Prüfung unterziehe, werde abgestraft, obwohl es vornehmlich die Inkassounternehmen seien, bei denen die vom Gesetzgeber ausgeführten Missstände auftreten.

Zahlenmaterial für behauptete Vergütungsabreden und unangemessene Abrechnungspraxis fehlt

Es fehle darüber hinaus an belastbarem Zahlenmaterial, das die vermeintlich unangemessene Abrechnungspraxis bei anwaltlichem Inkasso belege. Dies gelte auch für die im Gesetzentwurf behaupteten Vergütungsabreden mit dem Gläubiger, wonach dieser angeblich bei erfolglosem Inkasso überhaupt keine Vergütung an den Rechtsanwalt zahle.

Kein Anlass für Eingreifen in das Mandatsverhältnis Gläubiger und Rechtsanwalt

Ebenso wenig werde zwischen dem Auftragsverhältnis Gläubiger und anwaltlicher Erbringer der Inkassoleistung einerseits und dem Erstattungsverhältnis Schuldner und Gläubiger andererseits differenziert. Das Anliegen des Gesetzgebers könne allenfalls die Begrenzung der Kostenerstattung sein. Für ein Eingreifen in das Mandatsverhältnis Gläubiger und Rechtsanwalt bestehe kein Anlass und auch keine Legitimation.

Redaktion beck-aktuell, 4. November 2019.