Der VIII. Zivilsenat hat die Revision von Münchener Vermietern verworfen, die eine Räumungsklage wegen Eigenbedarfs betrieben (Urteil vom 06.08.2025 – VIII ZR 161/24). Dabei stellten die Bundesrichterinnen und -richter fest, dass eine Kündigungssperrfrist zum Schutz von Mieterinnen und Mietern vor Eigenbedarfskündigungen nicht galt. Das wirkte sich in diesem besonderen Fall aber nicht etwa zu Lasten, sondern zugunsten der beklagten Mieter aus.
Wohnraum ist in deutschen Großstädten Mangelware und der Immobilienmarkt heiß umkämpft. Das hat den Gesetzgeber in der Vergangenheit mehrfach veranlasst, bestimmte Mieterschutzregeln ins BGB aufzunehmen, um zu verhindern, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bei den Geschäften unter die Räder kommen. So sieht die bereits 2001 eingefügte Vorschrift des § 577a Abs. 1 BGB vor, dass, wenn ein Mehrparteienhaus in Eigentumswohnungen umgewandelt wird, um diese dann gewinnbringend verkaufen zu können, die Mieterinnen und Mieter drei, auf angespannten Wohnungsmärkten zehn Jahre lang vor einer Eigenbedarfskündigung durch einen neuen Eigentümer geschützt sind. Viele potenzielle Käuferinnen und Käufer wollen die Einheiten nämlich dann selbst nutzen.
Für diese Regelung hat sich in den Jahren danach aber eine Umgehungskonstruktion etabliert. Eine eigens gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erwirbt ein Mehrparteienhaus und lässt dann potenzielle Käuferinnen und Käufer in die GbR eintreten, um für sie das Objekt in Wohnungseigentum umzuwandeln und dann die Mietverträge wegen Eigenbedarfs ihrer Gesellschafterinnen und Gesellschafter zu kündigen. In diesem Fall greift § 577a Abs. 1 BGB nicht ein, da die gesetzlich vorgesehene Reihenfolge der Geschehnisse (erst Umwandlung in Eigentumswohnungen, dann Verkauf) hier nicht stattfindet. Diese Vorgehensweise ist heute als "Münchener Modell" bekannt.
Gesetzgeber wollte "Münchener Modell" blockieren…
Passenderweise ging es im Streitfall, den der BGH nun zu entscheiden hatte, auch um eine Wohnung in der bayerischen Landeshauptstadt und die Räumungsklage der derzeitigen Vermieter. Sie hatten die Wohnung im Jahr 2017 von einer GmbH & Co. KG erworben, die das gesamte Anwesen, nachdem sie es ihrerseits 2012 gekauft hatte, in Wohnungseigentum umgewandelt hatte. Die Vermieter machten nun Eigenbedarf im Sinn des § 573 Abs. 2 BGB geltend und forderten den Auszug ihrer Mieterinnen und Mieter.
Für das "Münchener Modell" hat der Gesetzgeber jedoch inzwischen mit § 577a Abs. 1a BGB vorgesorgt, wonach die Kündigungsbeschränkung des Abs. 1 entsprechend gilt, "wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist". Nach Abs. 2a löst dann bereits der bloße Kauf durch eine solche Personengesellschaft oder Erwerbergemeinschaft die Sperrfrist aus.
Die Münchener Mieterinnen und Mieter meinten nun, durch die Kündigungssperrfrist des § 577a BGB geschützt zu sein, weil die 10-Jahres-Frist infolge des Kaufs durch die aktuellen Vermieter noch laufe. Hintergrund war, dass es sich hier eben nicht um den klassischen Fall des "Münchener Modells" handelte, in dem Gesellschafter eines Unternehmens die Wohnungen für sich reklamieren. Stattdessen hatte das Unternehmen die Wohnungen nach der Umwandlung weiterverkauft. Die Vermieter waren indes der Überzeugung, dass die Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen schon durch den Kauf der GmbH & Co. KG im Jahr 2012 nach § 577a Abs. 1a BGB – gewissermaßen der Sperre des "Münchener Modells" – ausgelöst worden war und damit 2022 abgelaufen gewesen sei. Aus Sicht der Mieterinnen und Mieter griff der Absatz hier jedoch nicht ein, sodass die Sperre erst durch den erstmaligen Erwerb nach Umwandlung durch ihre jetzigen Vermieter ausgelöst worden war und damit noch lief. Es stellte sich damit die Frage, ob Abs. 1a auf den Kauf durch die Gesellschaft anwendbar war und die Sperrfrist ausgelöst hatte.
…aber nur für bestimmte Gesellschaftsformen
Der BGH lehnte dies nun ab. Der VIII. Zivilsenat führte aus, dass die Kündigungssperrfrist gemäß § 577a Abs. 1a BGB nur bei Veräußerungen an eine GbR oder eine Miteigentümergemeinschaft greife. Diese Gesellschaftsformen könnten bereits beim Erwerb des vermieteten Wohnraums Eigenbedarf für ihre Gesellschafterinnen oder Miteigentümer geltend machen, was eine erhöhte Verdrängungsgefahr für die Mieterinnen und Mieter darstelle. Eine GmbH & Co. KG hingegen könne keinen Eigenbedarf für ihre Gesellschafterinnen und Gesellschafter anmelden, weshalb keine vergleichbare Gefahr bestehe.
Aus diesem Grund sei § 577a Abs. 1a BGB teleologisch zu reduzieren, so die Karlsruher Richterinnen und Richter. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung dieser Vorschrift die Umgehung des Mieterschutzes durch das "Münchener Modell" verhindern wollen. Klassischerweise erwerbe dabei eine GbR oder Miteigentümergemeinschaft ein Anwesen und kündige den Mieterinnen und Mietern direkt wegen Eigenbedarfs, ohne die Wohnungen zuvor in Wohnungseigentum umzuwandeln. Da eine GmbH & Co. KG diese Möglichkeit nicht hat, sah der BGH keinen Anlass, die Kündigungssperrfrist auf diese Gesellschaftsform auszudehnen.
Das rechtliche Ergebnis, dass die Mieter im Jahr 2012 nicht vor dem Kauf der GmbH & Co. KG geschützt werden mussten, führte in dem Rechtsstreit vor dem VIII. Zivilsenat zu dem faktischen Ergebnis, dass sie noch heute Schutz genießen: Da die zehnjährige Sperrfrist für den angespannten Münchener Wohnungsmarkt erst durch den Kauf der aktuellen Vermieter im Jahr 2017 ausgelöst worden war, lief sie noch und hinderte die Eigenbedarfskündigung. Die Vermieter sind damit mit ihrer Räumungsklage gescheitert.