Wohnungs- oder Teileigentum: Vorkaufsrecht des Mieters gilt

Wechselt die Wohnung den Eigentümer, zittern Mieter oft, ob der neue Vermieter Eigenbedarf anmeldet. Darum billigt der Gesetzgeber dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu. Laut BGH gilt dieses unabhängig davon, ob die Wohnung im Kaufvertrag als Teil- oder Sondereigentum bezeichnet wird.

Nachdem er knapp zehn Jahre in einer Wohnung gelebt hatte, wurde das Mehrparteienhaus aufgeteilt und sollte verkauft werden. Allerdings begründete der aktuelle Grundstückseigentümer kein Sondereigentum an der Wohneinheit des Mieters, sondern Teileigentum. In der Teilungserklärung wurde den Eigentümern das Recht eingeräumt, durch Umwandlung Wohnungseigentum zu begründen. Dann verkaufte der Eigentümer acht Einheiten des Hauses an ein Unternehmen – darunter die Wohnung des Mieters für rund 504.000 Euro – und die Firma informierte den Mieter über sein Vorkaufsrecht, das er innerhalb der nächsten zwei Monate ausüben müsse. Ein halbes Jahr später bot ihm der Verkäufer nochmal an, in den Kaufvertrag einzutreten, obwohl die neue Eigentümerin bereits im Grundbuch eingetragen war. Erst anderthalb Jahre nach dem Verkauf nahm der Mieter sein Vorkaufsrecht wahr. Das kümmerte die Erwerberin nicht mehr, sie verkaufte "seine" Wohnung für 560.000 Euro weiter.

Vor dem LG Stuttgart verlangte der Mieter von dem ehemaligen Grundstückseigentümer Schadensersatz in Höhe von rund 200.000 Euro, weil der ihn mit der Begründung des Teileigentums über seine Wohnung bewusst daran gehindert habe, sein Vorkaufsrecht auszuüben. Wie auch in den Vorinstanzen blieb die Revision vor dem BGH (Urteil vom 28.05.2025 – VIII ZR 201/23) erfolglos.

Vorkaufsrecht gilt für Wohnungs- und Teileigentum

Das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht – unabhängig vom Wortlaut der Norm – dem BGH zufolge gleichermaßen für ausgewiesenes Teil- oder Wohnungseigentum. Da sich Teileigentum nicht auf zu Wohnzwecken dienende Räume beziehe, scheide wegen des eindeutigen Wortlauts zwar die direkte Anwendung der Regelung aus, sie werde aber analog angewendet. Maßgeblich sei lediglich, dass es sich zum Zeitpunkt des Verkaufs um eine Wohnung handele.

Die planwidrige Gesetzeslücke ist dem VIII. Zivilsenat zufolge versehentlich bei Aufkommen der Möglichkeit der Umwandlung von Sozialwohnungen in Eigentumswohnungen und der Erweiterung des Vorkaufsrechts auf frei finanzierte Wohnungen entstanden. Der Gesetzgeber habe das Vorkaufsrecht für die Mieter zu deren Schutz vor Verdrängung eingeführt. Der BGH sah keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Gesetzgeber bewusst gewesen wäre, dass Wohnräume auch in Teileigentum statt Wohnungseigentum umgewandelt werden könnten. Genauso wenig sei davon auszugehen, dass die Mieter in diesem Fall nicht geschützt werden sollten.

Die Interessenlage in beiden Fällen gleichen sich laut den Bundesrichterinnen und -richtern, da unabhängig von Teil- oder Wohnungseigentum die Mieter ohne Vorkaufsrecht verdrängt werden können, weil der neue Vermieter in beiden Fällen Eigenbedarf anmelden könne.

Das Vorkaufsrecht ist hier aber erloschen, weil der Mieter es nicht innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist von zwei Monaten ausgeübt hat. Diese Frist ist nicht disponibel, sondern geht im Interesse der Rechtsklarheit für alle Beteiligten nach Ablauf verloren.

BGH, Urteil vom 21.05.2025 - VIII ZR 201/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 28. Mai 2025.

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