Ein Berufsfotograf erstellte Fotos für ein Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Bei einem Shooting im Jahr 2011 knipste er die Geschäftsführerin des Betriebs für eine einmalige Vergütung in Höhe von 180 Euro. Dabei ging er nach eigenen Angaben davon aus, dass das Bild auf einem Trainingsplan erscheinen sollte. Dann aber erfuhr er, dass ein Ausschnitt davon später als Portraitfoto verwendet wurde und die Verpackung zahlreicher Produkte zierte, die die Frau auch selbst auf ihrer Webseite und in einem Teleshopping-Kanal präsentierte. Er forderte das Unternehmen deshalb auf, ihm Auskunft über die Einnahmen seit 2016 zu erteilen, und verlangte vor Gericht die Feststellung, dass sie auf Grundlage dieser Informationen in eine Änderung des Vertrags einwilligen müsse.
Das LG München I wies seine Klage ab. Vor dem OLG beschränkte sich der Fotograf dann erst einmal auf das Auskunftsersuchen, dem die Oberrichter schließlich stattgaben. Grundlage war § 32d UrhG, wonach der jeweilige Vertragspartner, bzw. die Vertragspartnerin, wenn mit dem Urheber, bzw. der Urheberin ein entgeltliches Nutzungsrecht vereinbart ist, mindestens einmal jährlich Auskunft über den Umfang der Nutzung sowie die Erträge erteilen muss. Dies dient dazu, sodann gemäß § 32a UrhG einen Nachschlag einfordern zu können. Ein Anspruch auf solch eine zusätzliche Vergütung besteht nach dieser Vorschrift, wenn ein jemandem ein Nutzungsrecht für eine Gegenleistung eingeräumt wurde, die sich im weiteren Verlauf als unverhältnismäßig niedrig erweist.
"Auffälliges Missverhältnis" zwischen Vergütung und Erträgen
Der BGH (Urteil vom 18.06.2025 – I ZR 82/24) sah nun ebenfalls greifbare Anhaltspunkte für ein auffälliges Missverhältnis. Der Ball liegt nun wieder beim OLG München, wohin die Karlsruher Richter und Richterinnen den Fall zurückverwiesen. Der I. Zivilsenat nutzte den Fall, um zu verdeutlichen, in welchen Fällen der Anspruch nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 UrhG entfällt, weil das Werk im Hinblick auf das Gesamtwerk nachrangig ist.
In diese Beurteilung spielt demnach eine Rolle, wie stark der Urheber oder die Urheberin das Werk geprägt hat. Aber auch ökonomische Gesichtspunkte wie die Bedeutung des Produkts für die Gesamtwertschöpfung seien zu berücksichtigen. Die Verwendung des Portraitfotos als Werbung habe die Vorinstanz zu Recht als erheblich eingeordnet: In 25 Produktkategorien prange es auf den Verpackungen, die über drei verschiedene Online-Shops vertrieben worden seien. Zwar könne man den konkreten Anteil des Bilds nicht aus den Verkaufserlösen ermitteln; hier müsse der Tatrichter, bzw. die Tatrichterin den Wert nach § 287 ZPO schätzen. Jedenfalls sei es als Marketinginstrument verwendet worden. Denn die abgebildete Person suggeriere den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sie stehe als Geschäftsführerin mit ihrem Gesicht, Namen und Expertise für die Qualität und Wirksamkeit der Nahrungsergänzungsmittel ein.